: Vier Neue im hohen Haus
Die Kunsthalle stellt die PreisträgerInnen von „Fokus Junge Kunst“ aus und lässt sie, kuratiert von Eefke Kleimann, mit ihren Arbeiten auf das Museum reagieren
Von Jan-Paul Koopmann
Wenn die neue Gruppenausstellung „Fokus Junge Kunst“ ein übergeordnetes Thema hätte, dann „Recycling“. Das steht nur nirgends, weil es ziemlich dröge klingt – und auf die falsche Fährte führt. Denn was die vier JungkünstlerInnen Amina Britz, Connor Gilligan, Matthias Ruthenberg und Michael Schmid hier recyceln, ist ein sehenswertes Konglomerat aus eigenen alten Arbeiten und Fundstücken aus der Kunsthalle.
Um die überhaupt an die Wände dieser gewichtigen Institution zu bekommen, mussten sich die AbsolventInnen der Hochschule für Künste erst von hiesigen KunstexpertInnen nominieren lassen und dann eine Jury überzeugen. Seit 2011 lobt die Jürgen-Ponto-Stiftung diese Förderung aus, um Kunstschaffende auf dem Weg in die Professionalität zu unterstützen und sie mit den etablierten Institutionen zusammenzubringen.
Im Fall der Kunsthalle hat diese Kontaktaufnahme in diesem Jahr fast symbiotische Züge: Kuratiert von Eefke Kleimann haben die Vier nicht einfach ihre Arbeiten in das Museum getragen, sondern dort je einen ganzen Raum gestaltet. Bis hin zur Hänghöhe der Bilder haben sie die architektonischen Bedingungen einbezogen, reflektieren aber auch, wie das Ausgestelltwerden in einem Museum ein Werk grundsätzlich beeinflussen kann.
Amina Brotz etwa hat ihr Atelier geräumt und seinen Inhalt auf Vitrinen verteilt, die sie im Depot der Kunsthalle gefunden hat: ein Stapel Holz, der wohl ein Regal oder eine Staffelei war, Skizzenblöcke, Farben. Was dabei verloren geht, wird am deutlichsten bei ihren Gemälden. Die sind in Folie verpackt und so in einem Gestell aufgereiht, dass die eigentlichen Bilder nicht mehr erkennbar sind.
So geht es auch weiter: Michael Schmid projiziert Fotografien auf einen kunsthalleneigenen Stauensockel. Auf der Säule sind nur Fragmente zu sehen, dafür wirft sie ihrerseits nun einen riesigen Schatten an die weiße Wand. Matthias Ruthenberg arbeitet mit Materialien aus dem Kupferstichkabinett: Passepartoutreste mit unverständlichen Codes des Archivs darauf.
Wie sehr auch Conor Gilligan mit den Bedingungen und Zwängen der Institution spielt, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen: Sein aus alten Kunstwerken und Sperrmüllfunden konstruierter Raum sieht nicht nur ein wenig nach Theaterbühne aus, sondern soll nun tatsächlich Spielort für kleinere Performances werden – ohne hinterher wieder in den Urzustand versetzt zu werden. Und so ein vom Performancebesucher achtlos beiseite gestelltes Glas Sekt hat in der Kunsthalle bekanntlich in etwa die gleiche Wirkung wie eine Bombe am Hauptbahnhof.
Die Ausstellung „Fokus Junge Kunst“ ist bis zum 18. März in der Kunsthalle zu sehen.
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