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Trotz allem great

Wieder versucht der tief gefallene Golfer Tiger Woods ein Comeback. Der Rücken soll halten. Eine Runde mit Donald Trump ist schon ganz gut gelaufen

Von Thomas Winkler

Wie alle wirklich wichtigen Nachrichten dieser Tage kann man auch diese im Twitter-Verlauf von @realDonaldTrump nachschlagen. Nein, nicht dass der US-Präsident mit seinem türkischen Amtskollegen darüber telefonieren will, wie er „für Frieden sorgen will in diesem Schlamassel im Nahen Osten“. Wirklich wichtig ist, was Trump exakt sechs Minuten später twitterte: „Nach dem Türkei-Anruf mache ich mich auf den Weg, um eine schnelle Runde Golf mit Tiger Woods und Dustin Johnson zu spielen.“

Tiger Woods ist nach achtmonatiger Pause also wieder fit. Oder zumindest ausreichend fit, um am vergangenen Wochenende ein paar Bälle zu schlagen mit dem mächtigsten Mann der Welt und Johnson, dem aktuell besten Golfer der Welt. Dass Woods für die erste Etappe seines Comebacks einen Auftritt mit Trump wählte, hat erstaunlich wenige Kritiker auf den Plan gerufen. Die Kommentare in sozialen Netzwerken waren eher resigniert: Dass die beiden sich gut verstehen, das sei ja kein Wunder angesichts ihres Umgangs mit Frauen, so der Tenor.

Aus der Welt des Golfs kam keinerlei Kritik. Kein Wunder, Trump ist einer der wichtigsten Investoren im Geschäft mit dem Golf, sein Firmengeflecht ist beteiligt an ungezählten Anlagen im Luxussegment und an Turnieren. Außerdem mag Woods zwar lange schon über seinen Zenit hinaus sein, er mag sich seit bald vier Jahren mit Rückenproblemen plagen, seit 2013 nicht mehr die Nummer eins sein, er mag betrunken Autos zu Schrott gefahren haben und verhaftet worden sein, Sexsucht eingestanden haben und öffentlichkeitswirksam geschieden worden sein, aber der nun 41-Jährige ist immer noch der größte Star seines Sports.

Kein anderer Golfer garantiert dermaßen viele Schlagzeilen wie die aktuelle Nummer 1.199 der Weltrangliste. Vier Mal wurde Woods in den vergangenen vier Jahren am Rücken operiert, nun startet er zum wiederholten Mal ein Comeback. Ab Donnerstag wird er in Albany auf den Bahamas zum ersten Mal seit Februar wieder Golf unter Wettbewerbsbedingungen spielen – wenn auch in geschütztem Rahmen: Der Anlass ist Woods’ eigenes Einladungsturnier, bescheiden „Hero World Challenge“ getauft, mit einem überschaubaren, aber exquisiten Teilnehmerfeld. Unter den 18 handverlesenen Profis finden sich mit Johnson, Jordan Spieth, Hideki Matsuyama und Justin Thomas die Top vier der Weltrangliste.

„Er war der Beste, und was er für unseren Sport getan hat, ist fantastisch“

Henrik Stenson, Spitzengolfer

Es ist nicht erste Comeback-Versuch von Woods, aber er scheint der bislang erfolgversprechendste zu sein. Woods selbst meldet, er spüre – im Gegensatz zu den vergangenen vier Jahren – keinerlei Schmerzen mehr im Rücken. Der Weltranglisten-20. Patrick Reed, der mit dabei war am vergangenen Wochenende bei der präsidialen Runde Golf, ließ wissen, er sei „geschockt gewesen, wie flüssig Tigers Schwung und wie weit sein Abschlag war“. Ein anderer Anwesender behauptete gar, jeder zweite Drive von Woods sei weiter geflogen als die der Nummer eins Johnson. Der wiederum formulierte, was alle denken: „Ich hoffe, Tiger kommt zurück, er ist gesund und kann mithalten. Denn er ist gut für den Golfsport.“

Ja, das ist wohl so. Immer noch ist Woods das Aushängeschild des Sports. Dass seine Kollegen ihn nicht als Konkurrenten fürchten, sondern als Heilsbringer empfangen, zeigt seine Bedeutung. „Er war der Beste, und was er für unseren Sport getan hat, ist fantastisch“, sagt der Schwede Henrik Stenson, der auf den Bahamas auch dabei sein wird. Woods ist weiterhin der einzige Profi, dessen Auftritte auch Golf-Verächter interessieren. Er hat nahezu dafür gesorgt, dass Golf vom Nischensport für eine reiche Elite zum Massenphänomen wurde. Seit der 14-malige Major-Gewinner in sportlicher Belanglosigkeit und privaten Problemen versunken ist, sind auch Einschaltquoten und Umsätze gesunken. Sollte Woods nun zu alter Form zurückkehren, werden wir das gewiss schnell erfahren – durch einen Tweet von @realDonaldTrump.

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