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Man wird ja schon mal fordern dürfen

Sondierungen zur Groko stehen noch nicht an. Vertreter der Parteien stecken aber bereits Positionen ab

Die Junge Union fordert einen Koalitionsvertrag schon bis Weihnachten

Von Tobias Schulze

Eine neue Regierung hat Deutschland nach dem Wochenende immer noch nicht. Eine neue Etappe auf dem Weg zur Regierungsfindung haben die Parteien aber hinter sich: Nach der Ankündigung der SPD, sich nicht mehr gegen Gespräche mit der Union zu sperren, haben Vertreter beider Parteien damit begonnen, ihre jeweiligen Positionen abzustecken.

Die SPD

Bei den Sozialdemokraten kommen erste inhaltliche Forderungen für Koalitionsgespräche aus der zweiten Reihe. Elke Ferner, Leiterin der AG Sozialdemokratische Frauen, spricht in der Welt von der Solidarrente und von einem gesetzlichen Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit – beides Vorhaben, die Union und SPD schon 2013 in den Koalitions­vertrag geschrieben, aber nicht umgesetzt hatten. Andere SPD-Politiker fordern die Bürgerversicherung, verstärkte Investitionen in den Wohnungsbau und den Breitbandausbau sowie Steuersenkungen für untere und mittlere Einkommen.

Die Union

Angela Merkel gibt sich auf dem Landesparteitag der CDU in Mecklenburg-Vorpommern kompromissbereit. „Natürlich gehört der Kompromiss dazu“, sagt sie dort über etwaige Koalitionsverhandlungen. Bedingungen stellt aber auch sie, unter anderem die Schwarze Null für den Bundeshaushalt und die Beschränkung der Flüchtlingsaufnahme auf 200.000 Menschen im Jahr.

Die Jugend

Die Jusos wählten am Wochenende auf ihrem Bundeskongress erst den Berliner Kevin Kühnert zum neuen Vorsitzenden, dann verabschiedeten sie einen Beschluss gegen die Große Koalition. Darin heißt es, die SPD solle „aus der Opposition he­raus echte Alternativen für eine progressive, solidarische und linke Politik“ einleiten. Bei CDU und CSU fordern die jungen Leute einen Koalitionsvertrag mit der „Handschrift der Union“ bis Weihnachten. Ansonsten, so heißt es in einem Beschluss der Jungen Union, sei die Große Koalition gestorben.

Der Zeitplan

Am Montag startet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die nächste Gesprächsrunde zur Regierungsfindung: Für den Mittag hat er nacheinander die Fraktionsspitzen von Grünen, Union und Linkspartei nach Bellevue geladen. Am Dienstag kommt dann SPD-Fraktionschefin An­drea Nahles, am Donnerstag kommen Alice Weidel und Alexander Gauland von der AfD. Richtig spannend wird es aber am Donnerstagabend, wenn Angela Merkel von einer Afrikareise zurückkehrt und sich in Bellevue mit dem Präsidenten, dem SPD- und dem CSU-Chef trifft. Sondierungsgespräche werden die Beteiligten unmittelbar danach aber wohl noch nicht ankündigen. Die Sozialdemokraten wollen darüber erst auf ihrem Parteitag am zweiten Dezemberwochenende diskutieren.

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