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Sterbehilfe-Arzt wird nicht bestraft

Das Hamburger Landgericht hat einen Arzt freigesprochen, der 2012 zwei alte Damen bei deren Suizid begleitet hatte

„Wir müssen es auch nicht verstehen.“

Matthias Steinmann, Richter am Hamburger Landgericht

Die Große Strafkammer des Hamburger Landgerichts hat den 75-jährigen Arzt Johann S. freigesprochen. Zwei Hamburger Frauen im Alter von 81 und 85 Jahren hatten im Beisein des Arztes am 10. November 2012 ein tödlich wirkendes Medikament eingenommen. Die beiden Frauen hätten „ernsthaft“ und mit „innerer Festigkeit“ über längere Zeit den Wunsch verfolgt zu sterben und eine entsprechende Patientenverfügung verfasst, sagte der Vorsitzende Richter Matthias Steinmann in der Urteilsbegründung am Mittwoch.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Arzt Totschlag vorgeworfen und sieben Jahre Haft gefordert. Sie warf dem Neurologen und Psychiater vor, dass er die beiden Frauen falsch beraten und keine Alternativen zum Suizid angeboten habe. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.

Beide Frauen hatten sich zwei Jahre vor ihrem Suizid an den Verein Sterbehilfe Deutschland des früheren Hamburger Justizsenators Roger Kusch gewandt. Ein Video mit dem Beratungsgespräch blieb jedoch trotz Hausdurchsuchungen verschwunden. Der ehemalige CDU-Politiker hatte den Arzt für ein Gutachten vermittelt, war selbst aber nicht angeklagt.

Die beiden Frauen standen aktiv im Leben, führte Richter Steinmann aus. Sie unternahmen Reisen, machten Sport und besuchten Verwandte. Altersbedingte Beschwerden gab es schon, aber keine lebensbedrohenden Krankheiten. Offenbar hatten die Frauen aber Angst davor, pflegebedürftig zu werden und sich das dann finanziell nicht leisten zu können. „Wir müssen es auch nicht verstehen“, sagte Steinmann.

Das Gericht geht davon aus, dass der Verein Sterbehilfe das tödliche Malaria-Medikament besorgt hat, das die Frauen mit einem Medikament gegen Übelkeit und einem Schlafmittel eingenommen hatten. Der Arzt war bei der Einnahme anwesend und rief eine halbe Stunde nach Atemstillstand die Polizei.

Der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung treffe ihn dennoch nicht, so das Gericht, weil die beiden Frauen lebensverlängernde Maßnahmen ausdrücklich abgelehnt hatten. Eine Rettung wäre ohnehin sehr unwahrscheinlich gewesen. Auch ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz komme angesichts der geringen Mengen, die den Frauen verabreicht wurden, nicht in Betracht.

Ende 2015 ist ein neues Bundesgesetz in Kraft getreten, das die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Damit soll Sterbehilfe-Organisationen die rechtliche Grundlage entzogen werden. Da der Fall aber länger zurückliegt, kommt das Gesetz in diesem Fall nicht zur Anwendung. (epd)

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