Gefechte zwischen Kurden und Irakern: Kampf mit deutschen Waffen?

Kurdische Peschmerga und irakische Streitkräfte bekämpfen sich nördlich von Kirkuk. Womöglich mit dabei: Waffen aus Deutschland.

Kurdische Sicherheitskräfte auf einem Pick-up

Freitag bei Kirkuk: Kurdische Sicherheitskräfte bringen einen verwundeten Kämpfer in Sicherheit Foto: dpa

BERLIN taz | Ein Frontbericht im Programm des kurdischen Fernsehsenders Rudaw: Im Vordergrund spricht der Reporter über den Vorstoß irakischer Sicherheitskräfte nördlich von Kirkuk. Im Hintergrund harren Peschmerga-Kämpfer hinter einem frisch aufgeschütteten Verteidigungshügel aus. Von links tritt nach fünf Sekunden ein weiterer Kämpfer ins Bild, dreht sich, hebt dann den Arm und präsentiert dem Zuschauer das Sturmgewehr in seiner Hand: ziemlich wahrscheinlich ein G36, leicht zu erkennen am Griff über dem Lauf. Eine Waffe aus Beständen der Bundeswehr?

Das Nachrichtenvideo entstand am Freitag im Gebiet um die Stadt Altin Köprü. Die irakische Armee, Polizeieinheiten und schiitische Milizen hatten am Morgen einen Angriff auf die Region gestartet, die bis dahin von den kurdischen Streitkräften kontrolliert worden war. Stundenlang lieferten sich beide Seiten laut Agenturberichten schwere Gefechte, über deren Ausgang es am Nachmittag widersprüchliche Angaben gab.

Die Peschmerga setzten womöglich zum ersten Mal ihre deutschen Waffen gegen Einheiten der Zentralregierung ein. Für den Kampf gegen den IS hatte die Bundeswehr den kurdischen Streitkräften seit 2014 Militärmaterial geliefert, darunter tausende G36-Gewehre und hunderte Panzerabwehrraketen Milan. Waffen beiden Typs tauchen in den Berichten vom Freitag auf.

Das G36 ist im Newsclip von Rudaw-TV zu sehen, von den Raketen schreibt der Sender auf seiner Internetseite. Ein Peschmerga-Kommandeur gab demnach an, dass die Kämpfer damit zwei gegnerische Humvee-Fahrzeuge getroffen hätten. Auf Twitter behaupteten kurdische Offizielle sogar, mit einer Milan-Rakete einen Abrams-Panzer zerstört zu haben – ein Modell, das die USA in den Irak geliefert hatten. Vom Milan-Einsatz kursieren online auch Bilder und Videos, deren Echtheit sich bislang aber nicht verifizieren ließ.

Der Einsatz deutscher Waffen wäre ein Verstoß gegen die Vereinbarung mit der Bundesregierung: Die von der Bundeswehr gelieferten Waffen sollten die Peschemerga ausschließlich gegen den IS einsetzen. Den möglichen Bruch dieser Übereinkunft wollte das Bundesverteidigungsministerium am Freitag Nachmittag nicht kommentieren. Auf Anfrage hieß es lediglich, es lägen „keine eigenen Erkenntnisse zu dem angesprochenen Sachverhalt“ vor.

Peschmerga-Ausbildung geht weiter

Schon am Vormittag hatte ein Sprecher des Ministeriums angekündigt, die Ausbildung der Peschmerga durch die Bundeswehr wieder aufzunehmen, die vor einer Woche wegen des innerirakischen Konflikts unterbrochen worden war. „Im Moment sieht es in der Tat so aus, als wenn wir am kommenden Sonntag damit beginnen könnten, die Ausbildung wieder aufzunehmen“, sagte der Sprecher. Zur Begründung sagte er, die „Gesamtlage“ im Irak habe sich den Informationen des Ministeriums zufolge „mittlerweile beruhigt“.

Aus der Opposition im Bundestag kommt Kritik an dieser Entscheidung. „Sollten die Informationen zutreffen, dass deutsche Waffen im Konflikt zwischen der irakischen Armee und der kurdischen Peschmerga eingesetzt werden, wäre dies ein weiterer Beleg dafür, dass die Waffenlieferung und die Ausbildungsmission ein Fehler waren“, sagte der Linken-Abgeordnete Stefan Liebich der taz. Aus seiner Sicht solle Deutschland in dem Konflikt nicht Partei ergreifen, sondern beide Seiten zur Deeskalation auffordern.

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