Kolumne Press-Schlag: Die sind doch nicht ganz sauber

Sollte die Welt-Anti-Doping-Agentur künftig allein über die Olympia-Teilnahme entscheiden dürfen? Ein Pro und Contra.

Menschen enthüllen die Olympischen Ringe

Die Welt-Anti-Doping-Agentur deckt auf. Aber sollte sie dafür die Entscheidungsgewalt erhalten? Foto: ap

Pro

Gar nicht so schlecht, was sich der Chef der deutschen Leichtathleten da ausgedacht hat: Das Internationale Olympische Komitee soll nach dem Willen von Clemens Prokop entmachtet werden und nicht mehr entscheiden können, welche Nationen oder Sportler an Olympischen Spielen teilnehmen können. Stattdessen sollten die Dopingwächter von der Wada, also die Welt-Anti-Doping-Agentur, die Entscheidungsgewalt erhalten. Dahinter steckt die Annahme, dass nur die Wada wissen kann, wer sauber ist und wer nicht. Es geht letztlich um die Effizienz des Antidopingkampfs in den jeweiligen Ländern. Wenn es in Land A keine funktionierende Antidopingbehörde gibt und nur Kontrolleure, die mit den Kontrollierten paktieren, dann sind die Athleten aus dem Land B, die unter strengster Aufsicht stehen, natürlich die Gelackmeierten.

Wenn das IOC nicht für eine Angleichung der Standards und Sanktionen sorgen kann, dann müsste logischerweise die Wada übernehmen. Aber so gut gemeint der Vorschlag von Prokop ist, er müsste noch viel weiter gehen. Es bräuchte einen üppig ausgestatteten Antidoping-Entwicklungsfonds. Denn wie sollte Burkina Faso oder Burma ein Kontrollsystem installieren können, das mit dem von Deutschland oder Dänemark vergleichbar ist? Dafür wären zig Millionen Euro nötig. Im Grunde müsste die Wada das IOC übernehmen, damit sie auch Zugriff aufs Fernsehgeld und andere Ressourcen hätte. Diese Art der freundlichen Übernahme werden die Herren des Olymps freilich niemals dulden. Markus Völker

Contra

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) entmachten? Gern, sofort, gründlich! Aber deswegen die Antidopingböcke von der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) zum Gärtner machen? Vertreter einer Behörde, die statuarisch nur das eine Ziel hat, den Sport sauber zu machen und der selbst heftigste Unterstützer nicht nachsagen können, sie stünde in irgendeiner Weise für eine Demokratisierung des Weltsports?

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Nein, das ist keine sympathische Lösung. Zunächst ist es deswegen abzulehnen, weil alle Probleme des Weltsports auf die Dopingfrage reduziert würden. Als ob es nicht beispielsweise um die Beseitigung sozialen Ausschlusses gehen müsste – in etlichen Ländern etwa von Frauen, von bestimmten Bevölkerungsgruppen, von LGBT-Leuten etc. Und, schlimmer noch, als gäbe es nicht gerade aus dem Lager der Antidopingfunktionäre immer wieder Versuche, beispielsweise intersexuelle Sportler zu diskriminieren.

Die Idee, eine Kontroll- und Sanktionsbehörde, die selbst von niemandem kontrolliert wird, mit noch mehr Macht auszustatten, als sie ohnehin bereits hat, ist eine, die den Sportlern schadet. Es ist kein Wunder, dass sie nicht von Athletenvertretern – von denen mitunter ja auch ziemlicher Unsinn geäußert wurde, beispielsweise die Implementierung von Chips unter der Haut, um 24/7 den Aufenthaltsort eines Sportlers zu erfahren – geäußert wurde, sondern mit Clemens Prokop von einem scheidenden Funktionär, der als Vertreter von Fachverbänden mit der Allmacht des IOC hadert.

Gegen diesen Olympiakonzern? Ja. Aber das zentrale Problem mit dem IOC ist, dass es undemokratisch unkontrolliert agiert. Und das, sorry, tut die Wada auch. Martin Krauss

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Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.

Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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