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Die Hälfte des Platzes

Dänemarks Frauenfußballteam lässt die WM-Qualifikation sausen. Die Vize-Europameisterinnen fordern vom Verband mehr Rechte

Reisen nicht nach Schweden: Dänemarks Fußballfrauen im Trainings­lager Foto: imago

Von Reinhard Wolff, Stockholm

„Seid ihr wahnsinnig?“, titelte Ekstra­bladet, „unfähig, jämmerlich und skrupellos“, schimpfte BT, und für Politiken war es „ein schwarzer Tag in der dänischen Fußballgeschichte“. Der Donnerstag war historisch für Dänemarks Frauenfußball.

Alle großen Zeitungen des Landes hatten ihn auf der Titelseite, denn: Die Frauennationalelf hätte am heutigen Freitagabend um 18.15 Uhr in Göteborg zum WM-Qualifikationsspiel gegen die schwedische Elf antreten sollen. Doch am Mittwochmittag teilte der dänische Verband DBU mit, dass es keine Mannschaft gibt. Die Verhandlungen zwischen DBU und der Fußballergewerkschaft Spillerforeningen hätten zu keinem Ergebnis geführt, die Spielerinnen seien seit Montag auch nicht zu den Trainingsterminen angetreten, man müsse das Spiel daher leider absagen.

Schon vor vier Wochen weigerten sich die Spielerinnen, die es im August bis ins EM-Finale geschafft hatten, zu einem Match anzutreten. Da war es ein Freundschaftsspiel gegen die Niederlande – sportliche Konsequenzen gab es nicht. Das ist jetzt anders. Bestenfalls wird die Fifa das Spiel nur mit einer 0:3-Niederlage für Dänemark werten. Schlimmstenfalls droht der Ausschluss von der Weltmeisterschaft, womit auch die Olympiateilnahme gefährdet ist.

Im Streit zwischen DBU und Spielergewerkschaft geht es ums Geld und ums Prinzip. Beim jährlichen Pott für Prämien sollen laut Medieninformationen die Positionen beider Parteien nur noch um rund 40.000 Euro auseinanderliegen. Da schaltete sich auch die Männerelf ein: Laut Kapitän Simon Kjær hätten die Männer diese Summe aus ihrem Prämientopf den Frauen überlassen – unter der Voraussetzung allerdings, dass der Verband im Übrigen den Frauen die gleichen Rechte einräume wie den Männern. Was dieser verweigert. Zudem will die DBU offenbar der Interessenvertretung der Spielerinnen das Recht verweigern, künftig bei Trainingslagern anwesend zu sein.

Während der Verband die Gewerkschaft und die Nationalelf beschuldigt, sie würden, „Länderspiele und Fans als Geisel für gewerkschaftliche Verhandlungen miss­brauchen“, sehen die meisten Kommentatoren die Verantwortung vorwiegend beim DBU.

Seitens der dänischen Spielerinnen und der Spillerforeningen gab es am Donnerstag zunächst keine Stellungnahme. Zu Wort meldete sich aber die ehemalige norwegische Nationalspielerin Lise Klaveness: „Der dänische Verband behandelt seine Spielerinnen völlig respektlos.“ Die Nationalelf sei immer stiefmütterlich behandelt worden und habe nie die Anerkennung bekommen, die sie verdient habe. Dass die Frauen nun, nachdem sie eine EM-Silbermedaille erreicht hätten, die Zeit für gekommen hielten, um für mehr Rechte zu kämpfen, sei nicht nur verständlich, sondern absolut zu begrüßen: „Wann, wenn nicht jetzt? Und sie tun das ja vor allem auch für die, die nach ihnen kommen.“

Klaveness weiß, wovon sie redet. Norwegens Fußballverband hatte internationales Aufsehen erregt, als er vor zwei Wochen beschloss, Frauen inZukunft beim Spiel für die Nationalelf die gleichen finanziellen Bedingungen einzuräumen, die für die Männer gelten. Und das ganz ohne Streikdrohung. Joachim Walltin, Vorsitzender der dortigen Fußballergewerkschaft Niso, hatte da die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass dieses „interna­tional bislang vermutlich einmalige Abkommen“ auch im Ausland bald Nachahmung finden wird.

Solidarität erhalten die Däninnen aus Schweden. Vor der EM im Sommer war auch dort die Mehrheit der Frauennationalelf zum Streik bereit

Nicht nur in Dänemark, auch in Schweden brodelt es. Nach Angaben des Fernsehsenders SVT hatte auch die schwedische Frauen­nationalelf vor Beginn der EM über Streik diskutiert. Da es dafür zwar eine Mehrheit, aber keine Einstimmigkeit gab, wurde darauf verzichtet.

Der Solidarität der Schwedinnen dürfen sich die Däninnen aber sicher sein. „Natürlich stehen wir auf deren Seite“, betonte Mittelfeldspielerin Caroline Seger. Und das Stockholmer Aftonbladet kommentiert den Kampf der Däninnen: „Auf längere Sicht hat der Sport neue Vorbilder“, auch wenn es kurzfristig katastrophal sei.

Über eventuelle Sanktionen gegen die dänische Elf wird die Uefa erst nach dem abgesagten Spiel entscheiden. Und Dienstag kommender Woche steht für Dänemark das WM-Qualifikationsspiel in Kroatien auf dem Programm.

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