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Stolze Opposition

Die Basketball-Profis in den USA befeuern vor demNBA-Saisonstart die Politisierung des Sports besonders

Aus New York Sebastian Moll

Poppovich kam kaum dazu, über Basketball zu sprechen, stattdessen stand er zum Thema der sozialen und rassischen Ungerechtigkeit und der Verflechtung der beiden Problematiken in den USA Rede und Antwort. Poppovich meisterte die Aufgabe bravourös. Er zeigte sich belesen und wach und nicht minder klug, als wenn er über die Dreiecks-Offensive und Zonen-Verteidigung redet. Der 67-Jährige plauderte so souverän über „Weißheit“ – Whiteness – und „weißes Privileg“ als soziale Konstruktionen, als würde er ein Hauptseminar über Rassismus in Amerika unterrichten.

Bei anderen Teams liefen die Pressegespräche nicht viel anders. Warriors-Coach Steve Kerr sprach über die Bürgerpflicht seiner Spieler, sich öffentlich gegen Rassismus und Polizeigewalt zu stellen. LeBron James nahm Donald Trump in die Pflicht, die Nation zu einen, anstatt Zwietracht zu säen. Und der neue türkische Center der New York Knicks, Enes Kanter, in seiner Heimat als vermeintlicher Terrorist auf Erdoğans Fahndungsliste geraten, erklärte seine Solidarität mit seinen amerikanischen Kollegen im Kampf gegen Rassismus und Donald Trump.

Bei all dem konnte man beinahe vergessen, dass ab Dienstag in den Basketball-Arenen des Landes wieder gedribbelt und geworfen wird und 29 Mannschaften sich daran abmühen werden, die Dominanz der Über-Mannschaft aus der San Francisco Bay Area rund um Stephen Curry und Kevin Durant zu brechen. Sport und Politik sind derzeit in den USA so gründlich miteinander verwoben, dass man sie nicht mehr voneinander unterscheiden kann.

So ist die Frage beim NBA-Start, wie viel politischen Protest die Liga aushält

Befeuert wurde die Politisierung der Arenen freilich durch die jüngste Einmischung Donald Trumps in die Angelegenheiten der Football-Liga NFL sowie seine beleidigte Reaktion auf Stephen Currys Abneigung gegen ihn. So steht der NBA-Start ganz im Zeichen der Frage, wie viel politischen Protest die Liga duldet und aushält.

Dabei scheint die NBA im Gegensatz zur Football-Liga NFL geradezu ein Refugium der offenen Opposition gegen Trump und des Widerstands gegen systematischen Rassismus zu sein. Während in der NFL der Urheber der derzeitigen Protestwelle, Colin Kaepernick, noch immer keinen Job hat und deshalb gerade rechtliche Schritte eingeleitet hat, weil er sich systematisch ausgegrenzt fühlt, kann LeBron James den Präsidenten ungestraft einen „Penner“ nennen. Liga-Chef Adam Silver sagt dazu sogar, dass er stolz darauf ist, wie sich seine Spieler für die drängenden Themen der Zeit engagieren.

Die vergleichsweise Liberalität des Basketball-Sports mag sich zum Teil daraus erklären, dass Adam Silver New Yorker Jude ist – eine Bevölkerungsgruppe, die klassischerweise einen ausgeprägten Sinn für soziale Gerechtigkeit hat. Das war zuletzt auch daran abzulesen, dass Silver das All-Star-Spiel der Liga aus North Carolina abzog, nachdem dort der Gouverneur ein diskriminierendes Gesetz gegen die LGBTQ-Gemeinde verabschiedet hatte.

Purer Idealismus allein dürfte es wiederum auch nicht sein, die Silver zu seiner offenen Haltung führt. Im Basketball ist sowohl die überwiegende Mehrheit der Spieler als auch die Mehrheit der Fans nicht weiß. Klassische Trump-Wähler, wie beim Football, verirren sich wohl nur selten auf die Ränge der amerikanischen Basketball-Arenen.

Wie groß die Offenheit der NBA ist, wird sich allerdings erst beim Anpfiff am Dienstagabend zeigen. Adam Silver hat in dieser Woche bekräftigt, dass die NBA-Regel für die Spieler, beim Abspielen der Nationalhymne aufzustehen, nach wie vor in Kraft sei. Offenbar endet die Toleranz für Meinungsvielfalt und Kritik auch im Basketball an den Zeremonien am Spielfeldrand.

Ob Silver die Politisierung seines Sports auf diese Weise begrenzen kann, ist aber eher zweifelhaft. Die vergangenen Wochen haben schließlich gezeigt, dass es ein bisschen Politik im Sport nicht gibt.

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