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US-Klimapolitik vor der Selbstzerstörung

Der neue Chef der US-Umweltbehörde will den zentralen Klimaschutzplan von Ex-Präsident Barack Obama widerrufen. Aber so einfach geht das alles nicht

Von Bernhard Pötter

Der Kampf um die Klimapolitik des zweitgrößten CO2-Verschmutzers der Welt geht in eine entscheidende Phase. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump will das Herzstück der bisherigen US-Klimapolitik, den sogenannten Clean-Power-Plan (CPP), wieder abschaffen. Das kündigte der Chef der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, am Montag an. Ob Trumps Regierung damit den Klimaschutz in den USA aber so einfach abschaffen kann, ist höchst zweifelhaft. Vor einem schnellen Schlussstrich, wie ihn Donald Trump vor einigen Wochen angekündigt hatte („Habt ihr gesehen, was ich mit dem CPP gemacht habe?: bum, weg damit“), stehen große juristische und politische Hürden.

Der Plan aus dem Jahr 2013 war das zentrale Element der US-Klimapläne von Expräsident Barack Obama. Das Regelwerk verpflichtet die Bundesstaaten, ihre Emissionen aus Kohlekraftwerken um insgesamt etwa 32 Prozent bis 2030 gegenüber 2005 zu senken. Dieser Plan ist die wichtigste Maßnahme für das Versprechen der USA bei den UN-Klimaverhandlungen von Paris, ihre gesamten Emissionen in dieser Zeit um etwa 27 Prozent zu verringern – ohne den Plan landen die USA wohl nur bei 7 Prozent Reduktion. Allerdings ist der Plan noch nicht in Kraft getreten – eine Allianz von Unternehmen und US-Staaten hat ihn vor den Gerichten gestoppt. Einer der schärfsten Gegner des CPP war der damalige Generalstaatsanwalt des Ölstaats Oklahoma, Scott Pruitt.

Der Mann ist nun Chef der Umweltbehörde. Und er lässt die EPA jetzt das Gegenteil von dem argumentieren, was sie bisher vertreten hat. „Der CCP überschreitet die Zuständigkeit der EPA und sollte zurückgezogen werden“, heißt es in der EPA-Anordnung, die Pruitt am Dienstag öffentlich machen wollte und die vorab von US-Medien veröffentlicht wurde. Demnach dürfe die Behörde nur Regeln für einzelne Kraftwerke erlassen, heißt es, nicht aber für die ganze Branche. Schon gar nicht dürfe die Behörde verlangen, dass die Energiefirmen ihren Strom nicht mehr aus Kohle, sondern etwa aus erneuerbaren Energien erzeugen. Es sei ein unzulässiger Eingriff in die Rechte der Bundesstaaten, diese zu einem veränderten Strommix zu drängen.

Im Widerspruch zu Trumps und Pruitts Ankündigungen, der „Krieg gegen die Kohle sei vorbei“ und der CPP sei „erledigt“, steht die vorsichtige Argumentation in dem Papier. Die EPA habe „nicht entschieden, ob sie eine neue Bestimmung vorlegen soll, um Treibhausgase zu regulieren, und wenn sie das tut, wann und in welcher Form sie das tun wird“. Die Vorsicht ist berechtigt: Denn der oberste Gerichtshof der USA hat die EPA bereits 2009 dazu verdonnert, den CO2-Ausstoß aufgrund des Gesetzes zur Luftreinhaltung, des „Clean Air Acts“, zu regulieren.

Weder dieses „Endangerment Finding“ noch den „Clean Air Act“ wagen Trumps Leute nun direkt anzugreifen. Die derzeitige Verwaltung bleibt also damit verpflichtet, irgendeinen Plan zur CO2-Reduzierung vorzulegen. Dazu hatte sie in der Vergangenheit auch die Indus­trie gedrängt. Diese fürchtet bei ersatzloser Streichung des CPP lange Gerichtsprozesse.

Die werden sicherlich kommen. „Dieses aggressive Vorgehen bringt der Regierung eine juristische Herausforderung ein“, sagt Andrew Light, Klimaexperte des World Resources Institute in Washington. Den Kern der Verpflichtung zum Klimaschutz, das Endangerment Finding, anzugreifen, „ist noch nie gemacht worden, und es birgt auch juristische Risiken“. Letztlich „brauchen wir entweder einen dramatischen Wandel in der Sicht der Regierung auf das Problem oder einen Regierungswechsel“, sagt Light, der als Klimaexperte für das US-Außenministerium unter Obama gearbeitet hat.

Zitat

Auch der größte US-Umweltverband, der Sierra Club, gibt den Klimaplan noch nicht auf. Experte Paul Rauber erinnert an das Schicksal der Krankenversicherung Obama Care. Auch da habe Trump behauptet, er werde die Regelung zurückziehen und ersetzen, sei dann aber vor den juristischen und politischen Problemen zurückgeschreckt. „Nichts davon geht schnell“, schreibt Rauber, so ein Prozess könne Jahre dauern und vielleicht nie zur für alle gültigen Regel werden.

Derzeit gingen auch ohne den CPP viele Kohlekraftwerke vom Netz, erklärt Rauber. Und zwar nicht wegen des Klimaschutzes, sondern schlicht, weil Kohlekraft im Vergleich zu Gas und Erneuerbaren zu teuer sei. Jüngstes Beispiel ist das 1.880-MW-Kraftwerk Monticello im Ölstaat Texas.

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