piwik no script img

Keine „Moon-Shine“ Politik

Südkorea Dem seit Mai amtierenden linksliberalen Präsidenten Moon Jae In bleibt im eskalierenden Konflikt zwischen Nordkorea und den USA nur die Rolle eines Statisten

Südkoreas Präsident Moon Jae In am Sonntag vor dem Nationalen Sicherheitsrat in Seoul Foto: Yonhap/ap/dpa

Aus Seoul Fabian Kretschmer

Spätestens seit dieser Woche ist Moon Jae Ins linksliberale Regierung endgültig auf dem Boden der nordkoreanischen Realität angekommen: Monatelang hatte Moon seinen Arme nach Pjöngjang ausgestreckt, stellte Hilfen in Aussicht und suchte den Dialog. In Anspielung an den „Sonnenschein“-Politik genannten Entspannungskurs des verstorbenen Friedensnobelpreisträgers Kim Dae Jung war schon von einer Moon-Shine-Politik die Rede.

Doch Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zeigte Moon die kalte Schulter und trieb sein Atom- und Raketenprogramm voran. Nach Kims Logik machen Gespräche mit Südkorea keinen Sinn. Denn demnach ist der Süden nur ein von den USA besetzter Marionettenstaat.

Südkoreas Präsident gerät innenpolitisch zunehmend unter Druck, Härte zu zeigen. Am Dienstag forderte Seouls Verteidigungsministerium stärkere Sanktionen, laut Außenministerin Kang Kyung Wha sollte ein Ölstopp diskutiert werden. Das könnte die ohnehin desolate Wirtschaft Nordkoreas zum Erliegen bringen.

Doch das geht immer mehr Südkoreanern nicht weit genug. Am Dienstag versammelten sich erneut konservative Senioren vor dem Präsidentensitz, um von den USA Atombomben zu fordern. „Wir wollen keine Geiseln nordkoreanischer Atombomben sein“, sagt Soh Kyung Suk, der die Demo mitorganisiert hat. „Der einzige Ausweg ist, dass wir auf Atombomben mit eigenen Atombomben entgegnen“, sagt Sohn.

„Diplomatische Lösungen zu suchen ist weiter vernünftig“

Friedensaktivist Lee Hyun young

Andere halten weiter nichts von solchen Forderungen. „Bei Moons Dialogpolitik geht es vor allem darum, eine längerfristige Friedensvision zu haben. Diplomatische Lösungen zu suchen ist weiter vernünftig“, sagt Friedensaktivist Lee Hyun Young. In diesem Sinne sei Moons Nordkorea-Politik nicht gescheitert. Moon selbst nannte die Situation am Dienstag „frustrierend und schwierig“. Welche Option er auch ergreift: Im Konflikt zwischen Pjöngjang und Washington ist Moon derzeit nur Statist.

Trotz der Spannungen geben sich die Menschen in Seouls Zentrum auch heute gelassen. Das Rathaus veranstaltet ein „Chilli“-Festival, bei dem die Besucher feuriges Essen aus dem Südwesten des Landes probieren konnten. Unter der heiteren Oberfläche zeigen sich einige Bürger jedoch besorgt: „Natürlich habe ich Angst“, sagt die 36-jährige Han Jeong Hyun, Mutter eines fünf Monate alten Sohnes. In der Zeitung hat sie beim Frühstück ein düsteres Szenario lesen müssen „Hätte Nordkorea eine solche Bombe ins Zentrum Seoul geworfen, wäre ich sofort gestorben. Ich möchte, dass meine Kinder in Frieden aufwachsen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen