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Kommentar von Nina ApinNicht die Trolle füttern

Der Mann, der gern mit Hündchenkrawatte zum Jackett auftritt, hat bislang kaum eine Gelegenheit ausgelassen, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu testen – und regelmäßig auch zu überschreiten. Mal wollte der AfD-Politiker den Nationalspieler Jérôme Boateng nicht als Nachbarn haben. Dann sprach er davon, man dürfe sich von „Kinderaugen“ nicht erpressen lassen – und notfalls an der Grenze auf Flüchtlinge schießen. Mit seiner jüngsten Äußerung über eine „Entsorgung“ der Integrationsbeauftragten Aydan Özoğuz hat er es wieder geschafft, so viel Empörung auszulösen, dass alle Welt über ihn spricht.

Seine Partei liebt ihren Vorsitzenden Alexander Gauland für seine kalkulierten Entgleisungen. Von diesen und den darauf folgenden Empörungswellen nährt sich die Alternative für Deutschland, die in ihrem Wahlprogramm keine wirkliche Alternative zum Bestehenden zu bieten hat und deshalb ganz auf Destruktion demokratischer Diskurse setzt. Die Stadt Nürnberg hat Gauland und den Seinen jetzt einen enormen Gefallen getan – und ihm ein Redeverbot erteilt. Der AfD-Ortsverband dürfe nur dann in der Meistersingerhalle tagen, wenn er schriftlich versichere, dass Gauland nicht auftreten werde.

Das Verbot ist die harte Variante der sonst vor AfD- oder NPD-Veranstaltungen praktizierten Verhinderungstaktik. Tagung? Immer gerne, aber leider alles ausgebucht. Demo? Zufällig ist das Grünflächenamt dagegen. Oder die Polizei. Wenn die Tagung oder Demo dann trotzdem stattfindet, blockieren Hunderte den Weg, im Glauben, sich damit tapfer der Bedrohung unserer Demokratie entgegenzustellen.

Das Problem ist: Sie bewirken damit das Gegenteil. Alle Verbotstaktiken, ob raffiniert hintenrum oder plump geradeheraus wie jetzt in Nürnberg werden niemanden davon abhalten, mit Herrn Gauland, Herrn ­Höcke oder dem NPD-Kader xy zu sympathisieren. Verbotene Parteien müssen verfolgt werden – für alle, die sich auf dem Boden des Grundgesetzes befinden, gilt die Meinungsfreiheit.

Legalen Parteien Auftritte zu untersagen, ist undemokratisch. Und befeuert die Opfererzählung, wonach jene, die „unbequeme Wahrheiten aussprechen“, in unserem Land verfolgt werden. Genau davon leben Parteien wie die AfD. Hören wir endlich auf, sie zu füttern.

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