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Alte unter neuer Leitung

ÜBERNAHME Der größte Heimbetreiber Pflegen und Wohnen gehört künftig einem Hedgefonds

Zum Eigentümerwechsel wurden Beruhigungspillen gereicht: „Der Investor hat die Zusage gemacht, sich an die Tarifverträge zu halten und kein Personal zu entlassen“, sagt Hamburgs Verdi-Chef Berthold Bose. Dann fügt er hinzu: „Aber wir wissen nicht, wie dieser Investor in Zukunft agiert.“

Am Montag war bekannt geworden dass Pflegen und Wohnen an die US-amerikanische Oaktree-Gruppe mit Firmensitz in Los Angeles verkauft wurde. Die gilt Wirtschaftsexperten als Heuschrecke mit hoher Risikobereitschaft und ebenso hohen Renditeerwartungen, dafür aber ohne Fachkompetenz im Pflegebereich.

Auch in Zukunft würden für die 1.700 MitarbeiterInnen des Pflegekonzerns, der zwölf Standorte in Hamburg betreibt, „die attraktiven Konditionen unseres Tarifvertrags“ gelten, versicherte Pflegen-und-Wohnen-Geschäftsführer Thomas Flotow. Für die knapp 2.700 HeimbewohnerInnen werde der Deal mit Oaktree „keine Auswirkungen haben“.

Doch das Negativimage der Oaktree-Gruppe lässt viele MitarbeiterInnen das Schlimmste erahnen. Ihre Befürchtungen konnten auch durch eine Betriebsversammlung am Dienstag, zu der sich auch Oaktree- Deutschland-Chef Hermann Dambach angesagt hatte, nicht zerstreut werden. Pflegeheime dürften keine Spekulationsobjekte sein, warnte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storks (SPD) schon vergangenen Mai.

Mit Oaktree nun „drohen die oftmals unhaltbaren Zustände in der Pflege durch Renditedruck verschärft zu werden“, unkt der Hamburgs Spitzenkandidat der Linken für die Bundestagswahl, Fabio de Masi.

Um Spekulationen zumindest mit den Grundstücken zu behindern, auf denen die Pflegeheime beheimatet sind, brachte der Senat im Juli „Veränderungssperren“ für fast alle Liegenschaften des Heimbetreibers auf den Weg. Werden sie bestandskräftig, dürfen an den Standorten auch in Zukunft nur Senioren- und Pflegeeinrichtungen betrieben werden. Verhindern aber konnte die rot-grüne Regierung den Verkauf der ehemals städtischen Einrichtungen nicht.

Schon kursieren um den Standort Altona Gerüchte. Das dortige Pflegeheimgelände an der Thadenstraße grenzt an ein 4.000 Quadratmeter großes Grundstück der Bernstorffstraße 117. Und dieses Grundstück wurde bereits vergangenen Monat durch einen Berliner Immobilienentwickler übernommen, der mit dem US-Immobilienkonzern Hines verbunden ist, einem engen Geschäftspartner von Oaktree.

Marco Carini

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