piwik no script img

Entführung nach VietnamDeutschland prüft Sanktionen

Trinh Xuan Thanh wurde in Berlin entführt und tauchte in Vietnam wieder auf. Entwicklungshilfe für Hanoi könnte gestrichen werden.

Die vietnamesische Botschaft in Berlin hält sich bedeckt Foto: dpa

Berlin taz | Der Fall des in Berlin mutmaßlich vom vietnamesischen Geheimdienst entführten Vietnamesen Trinh Xuan Thanh hat auf verschiedenen Ebenen Konsequenzen für die deutsch-vietnamesischen Beziehungen. Die Ausweisung eines für den Geheimdienst tätigen Botschaftsmitarbeiters hat die angespannte Lage verschärft. Nun stehen auch auch der Entwicklungszusammenarbeit beider Länder schwierige Zeiten bevor.

Die Bundesregierung behält sich vor, Zahlungen an Vietnam auszusetzen. Mögliche Schritte würden gerade zwischen den Ressorts abgestimmt, sagte ein Sprecher des Entwicklungsministeriums der taz. Im Laufe der kommenden Woche sei mit einem Ergebnis zu rechnen.

Die neue Eiszeit zwischen Berlin und Hanoi hat auch jetzt schon konkrete Auswirkungen. Nach taz-Informationen hat der KfW-Generalbevollmächtigte und künftige Vorstand der deutschen Entwicklungsbank, Joachim Nagel, eine für kommende Woche geplante Vietnamreise abgesagt. Es sei jetzt „nicht der richtige Zeitpunkt dafür“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Die KfW ist für die finanzielle Entwicklungszusammenarbeit zuständig und vergibt günstige Darlehen an Entwicklungs- und Schwellenländer. In Vietnam bilden diese Darlehen den Großteil der deutschen Entwicklungshilfe.

Bei den jüngsten Regierungsverhandlungen im Mai hat die Bundesregierung Vietnam für die kommenden zwei Jahre rund 160 Millionen Euro zugesagt. Schwerpunkte liegen bei der Berufsbildung und im Umweltbereich, etwa beim Küsten- und Grundwasserschutz. Bereits 2016 gab es eine Zusage über 520 Millionen Euro für Projekte im Bereich Erneuerbare Energien und Strommarktreform. Für Vietnam ist Deutschland auch ein wichtiger Wirtschaftspartner, mit keinem Land in der EU machen die Südostasiaten mehr Geschäfte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Wenn der vietnamesische Geheimdienst einen Asylbewerber geewaltsam und gegen seinen Willen festhält und ihn zwangsweise in sein Herkunftsland zurückbringt, nennt man das Entführung und das ist ein Verbrechen.

    Macht dasselbe der BGS, heißt es Abschiebung und nennt sich Vollzug der Freiheit.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    "Deutschland prüft Sanktionen"

    Im Zusammenhang mit der Türkei und den inhaftierten deutschen Journalisten etc. hat man bisher noch nichts von Sanktionen gehört.

    Diese Regierung ist echt erbärmlich.

  • Das erinnert mich an einen ähnlichen Fall: https://de.wikipedia.org/wiki/Jeffrey_Carney

    • @Spitzbube:

      Bin schon gespannt, ob Vietnam in 12 Jahren die Freilassung von Trinh Xuan Thanh erwägt. Das könnte die Ähnlichkeit noch vergrößern.

      • @Ewald der Etrusker:

        Und da, wie schon im Artikel erwähnt, Vietnam gerne an deutsche Firmen Aufträge vergibt (Siemens will die U-Bahn in Saigon z.B. bauen) werden die Reaktionen auch so ausfallen wie im Falle Carney. Nämlich kaum bemerkbar.

      • @Ewald der Etrusker:

        Die Bundesregierung muss nicht Leute aus der vietnamesischen Botschaft ausweisen, muss nicht über Sanktionen nachdenken, .... sondern normal übliche Länderbeziehungen zu Vietnam herstellen, wie eben auch ein Auslieferungsabkommen.

         

        Wirtschafts- und Allgemeinkriminelle dürfen sich nicht sicher sein unter dem "Deckmantel des Asylrechtes" hier in Deutschland ein beschauliches Leben weiter zu führen.

         

        Die Regierung in Vietnam muss die Sicherheit haben, wie beim Baulöwen Jürgen Schneider, daß Kriminelle auch durch westeuropäische Leiständer ausgeliefert werden.

        • @Vietnam-Infothek:

          Normal üblich? Wenn ein Staat möchte, dass einer seiner Bürger von einem anderen Staat ausgeliefert wird, ist es wohl das mindeste, dass er auch begründet, warum er das will. Im Haftbefehl stand "Verletzung der Rechtsvorschriften von Vietnam". Ich halte es für normal üblich, dass einem so schwammigen Tatvorwurf nicht weiter nachgegangen wird. Und wenn dann der oben genannte Staat keine Konkretisierung nachlegt, sondern den Bürger gleich entführt, dann haben sie entweder nichts in der Hand oder es gibt für die Entführung Gründe, die mit dem allgemein geläufigen Kriminalitätsbegriff gar nichts zu tun haben.