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Geld von unten für die Verkehrswende

VERKEHR Das Projekt „Radbahn Berlin“ hat mit Crowdfunding über 30.000 Euro eingespielt

Genau 31.018 Euro standen am Montagabend auf dem Zähler der Crowdfunding-Kampagne von Radbahn Berlin. Damit konnte der Verein die erste Hürde von 17.000 Euro, aber nicht das zweite Fundingziel von 40.000 Euro erreichen. Simon Wöhr, einer der Mitglieder, sprach trotzdem von einem Erfolg. „951 Menschen haben uns finanziell unterstützt – das ist toll zu sehen“, sagte Wöhr nach Abschluss der Kampagne.

Die acht Menschen hinter dem Projekt hatten in den letzten zwei Jahren einen neun Kilometer langen Radweg unter der Trasse der U1 konzipiert. Nun wollen sie ihre Ergebnisse in einer Studie mit 140 Seiten publizieren. „17.000 Euro kostet der Druck des Magazins, das können wir nun finanzieren. Den Rest benutzen wir, um das Thema mit mehr Ressourcen und Zeit in die Politik zu tragen“, sagte Wöhr.

Nachdem die acht ehrenamtlichen Mitglieder ihren Vorschlag Ende 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt hatten, arbeiteten sie in den folgenden Monaten einen detaillierten Plan aus. Sie fertigten Skizzen, Grafiken und Baupläne an und entwarfen neue Gestaltungsmöglichkeiten für Kreuzungspunkte wie das Kottbusser Tor. „Wir haben nicht nur die ökologische Komponente beachtet, sondern auch wirtschaftliche und innovative Aspekte aufgenommen“, erklärte Wöhr. Mit ihrer Idee gewannen sie den Bundespreis für Ecodesign.

Dass nun eine Crowdfunding-Kampagne nötig gewesen sei, läge auch an der Berliner Verkehrspolitik, so die Kritik der Mitglieder. Bei der Senatsverwaltung für Verkehr seien sie mit ihrer Idee auf taube Ohren gestoßen, sagte Wöhr. Obwohl sie über Jahre an die Verkehrspolitik herangetreten seien, fachkundige Hilfe bei der Planung angeboten und andere Interessenvertreter*innen ins Boot geholt hätten, sei wenig passiert.

Im Juni konfrontierte Matthias Heskamp, auch Mitglied von Radbahn Berlin, auf einer Podiumsdiskussion der taz Regine Günther (parteilos, für die Grünen) mit den Vorwürfen. Warum da nichts vorangehe und das fundiert ausgearbeitete Konzept nicht aufgegriffen werde, fragte er die Verkehrssenatorin. Das Dreigespann aus Verkehrslenkung, Bezirken und Senatsverwaltungen sei schuld, verteidigte sich Günther. Durch die komplexe Struktur komme es zu Blockaden und Verzögerungen.

„Wir verstehen nicht, warum das in Berlin nicht geht – gerade bei einer rot-rot-grünen Regierung. In anderen Städten wäre so ein Vorschlag schneller aufgenommen worden“, meint Simon Wöhr. In etwa einem Monat soll die Fachstudie veröffentlicht werden. „Drei von uns werden nun an ein paar Tagen in der Woche hauptamtlich tätig sein“, so Wöhr. Für sie sei die Crowd-Finanzierung eine neue Möglichkeit, ihr Projekt doch noch an die richtigen Stellen zu tragen. Fabian Franke

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