Kommentar Umsteigeprämien: Der Diesel liegt im Koma

Eine Abwrackprämie für Dieselautos? Das großflächige Verschrotten weitgehend intakter Autos ist ökologisch gesehen nur eines: völliger Irrsinn.

Bild eines Auspufftopfes des Automobilbauers Audi

VW und Audi bieten Umstiegsprämien von bis zu 10.000 Euro Foto: dpa

Die Dieselverkäufe sind heftig abgestürzt, die Kurve zeigt weiter steil nach unten. Ebenso die Preise für Gebrauchte. In den Hinterhöfen der Autokonzerne dösen Abertausende Autos, die keiner mehr will und keiner braucht. Jetzt soll die Abwrackprämie II – die erste hatten wir 2009 – den komatösen Diesel wiederbeleben. Doch die neue Prämie ist so irrwitzig wie die alte.

Die Stuttgarter Richter haben in ihrem Grundsatzurteil klar gesagt, dass die Software-Updates keine geeignete Maßnahme sind, um Fahrverbote zu vermeiden. Sie werden kommen und den Diesel – wir müssen draußen bleiben – periodisch von den Innenstädten aussperren. Auch viele schmutzige neue Euro-6-Diesel werden davon betroffen sein, solange sie die Grenzwerte nicht einhalten. Ein kürzlich von der Umwelthilfe untersuchter Audi A8 blies 24-mal höhere Stickoxidwerte raus als erlaubt.

Auch das großflächige Verschrotten weitgehend intakter Autos ist natürlich ökologischer Irrsinn. Oder sollen die abgemeldeten Altfahrzeuge wieder nach Osteuropa verschoben werden? Motto: Im polnischen Winter fällt angesichts epidemischer Kohle­heizungen ein bisschen Dieselgift nicht weiter auf.

Mit vergleichsweise wenig Geld, rund 1.500 Euro, ließen sich die Fahrzeuge mit einer wirksamen Abgasreinigung nachrüsten. Im Vergleich dazu bleibt das Software-Update ein umweltpolitisches Placebo, das die Probleme nicht beseitigen wird. Und das auch den Besitzern neuer Diesel­autos keine blaue Plakette garantiert, die vielleicht schon nächstes Jahr kommen wird und zur Einfahrt in die Innenstädte berechtigt.

Fazit: Wer jetzt noch einen Diesel kauft, ist entweder leidenschaftlicher Fußgänger oder ein später Nachkomme Rudolf Diesels. Der würde längst Elektroauto fahren. Oder ein schickes Bike. Diesel hatte immer eine „ideale Wärmekraftmaschine“ vor Augen. Davon ist der Diesel 2017 Lichtjahre entfernt.

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Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.

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