piwik no script img

Vorschlag zur Lösung der Dieselkrise: mehr Diesel

VERKEHR I Vor dem Autogipfel diese Woche haben Niedersachsen und Bayern visionäre Ideen

BERLIN rtr/taz | Gleich zwei Spitzenpolitiker schlugen am Wochenende vor, auf die Dieselkrise mit staatlichen Subventionen zu reagieren – und zwar für den Kauf von Diesel-Pkws. Bayern Ministerpräsident Seehofer (CSU) regte dazu im Spiegel Steuernachlässe an. „Es wäre ein guter Weg, wenn wir über die Reduzierung der Kfz-Steuer einen Anreiz zum Kauf eines neuen, emissionsarmen Euro-6-Diesel setzen würden“, sagt er.

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte Anreize für den Umstieg von alten Dieselmotoren auf die Euro-6-Norm oder Elektroautos vorgeschlagen. Denkbar seien steuerliche Anreize oder eine Art Klimaprämie, die von Industrie und Staat angeboten werde.

Weil sitzt im VW-Aufsichtsrat, Niedersachsen ist zu 20 Prozent an dem Unternehmen beteiligt. Das Umweltbundesamt hatte im April ermittelt, dass Euro-6-Diesel zwar weniger Schadstoffe ausstoßen als Euro-5-Diesel, doch auch die neuen Fahrzeuge übersteigen die Grenzwerte um ein Vielfaches und sind gesundheitsgefährdend.

Das Bundesumweltministerium hat die Forderungen nach Kaufanreizen für neuere Diesel abgelehnt. „Wir sind nicht besonders interessiert daran, eine Technologie zu fördern, die in absehbarer Zeit ohnehin nicht mehr auf die Straße gehört“, sagte eine Sprecherin zu den Forderungen aus Bayern und Niedersachsen.

Am Mittwoch wollen sich unter Leitung von Verkehrs- und Umweltministerium die Autoindustrie, Länder und Kommunen treffen, um Wege zur Vermeidung von Fahrverboten in den Städten zu finden. Geplant sind Nachrüstungen per Software-Updates für Euro-5- und Euro-6-Diesel, mit denen die Stickoxid(NOx)-Belastung gesenkt werden kann.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte am Freitag allerdings mit einem Urteil Zweifel geweckt, ob dies ausreichen kann. Auch Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) spricht dabei nur von einem ersten Schritt. Angesichts der von mehreren Kommunen angedrohten Verbote sind die Verkäufe von Dieselfahrzeugen zuletzt deutlich abgesackt.

„Die Automobilindus­trie hat verdammte Verantwortung“

Verkehrsminister Alexander Dobrindt

Die Autobranche hofft, dass die Entscheidung des Stuttgarter Gerichts wieder gekippt wird. „Wenn der Dieselgipfel in der kommenden Woche in Berlin ein überzeugendes Konzept erarbeitet, sehe ich durchaus Chancen, dass das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz zu einem anderen Ergebnis kommen könnte als Stuttgart“, sagte der Präsident des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann, den Zeitungen der Funke-Gruppe. Statte man Autos der Schadstoffklassen 5 und zum Teil auch 6 mit neuer Software aus, würden Schadstoffe mindestens so stark verringert wie mit Fahrverboten.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sieht in der Krise mittlerweile eine Belastung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Die Automobilindustrie hat hier eine verdammte Verantwortung, das Vertrauen wiederherzustellen und die begangenen Fehler zu beheben“, sagte er der Bild am Sonntag. Es sei „furchtbar“, dass bei Autos ein Schaden für die Marke „Made in Germany“ drohe. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung wertete die Autokrise sogar als Vorboten nachlassender Wirtschaftskraft insgesamt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen