: Zahl der zivilen Opfer steigtauf ein neues Rekordniveau
Afghanistan Die UNO nennt den Krieg am Hindukusch in ihrem jüngsten Bericht „hässlich“
Die UNO verweist erneut darauf, dass ihre Zahlen „konservativ“ seien. Aufgelistet werden nur Fälle, die drei voneinander unabhängige Quellen bestätigen. Wie groß die Dunkelziffer an Kriegstoten ist, kann niemand sagen. Zudem gingen die zahlreichen Opfer und Binnenvertriebenen der neue Kämpfe am früheren Bundeswehrstandort Kundus Anfang Juli noch nicht in den Bericht ein.
67 Prozent aller registrierten Opfer gingen auf das Konto der Aufständischen, vor allem der Taliban und des örtlichen Ablegers des „Islamischen Staates“ (IS). Auf ein IS-Opfer kommen rund neun Taliban-Opfer. Das zeigt das unterschiedliche strategische Gewicht der Gruppen.
Die UNO macht vor allem Selbstmordanschläge und den Gebrauch sogenannter improvisierter Sprengsätze für den hohen Anteil von etwa 40 Prozent der Opfer verantwortlich. Diese Mittel seien „unverhältnismäßig, wahllos“ und nach internationalem Recht „illegal“, so der Japaner Tadamichi Yamamoto, UN-Sonderbeauftragter für Afghanistan. Der Einsatz dieser Waffen widerspricht selbst der offiziellen Politik der Taliban, nur militärische und Regierungsziele anzugreifen und Zivilisten zu schonen. Erst im Mai hatte Taliban-Chef Hebatullah Achundsada dies noch einmal betont. In der Praxis wirkt sich das bisher aber nicht aus.
Den schwersten Anschlag am 31. Mai in Kabul mit „mindestens 92 Toten und 491 Verletzten“, bei dem auch die deutsche Botschaft schwer beschädigt wurde, konnte die UNO keiner Gruppe sicher zuordnen. Taliban wie IS bestritten eine Urheberschaft, doch deuten viele Indizien auf Erstere.
Aufseiten der Regierungstruppen und ihrer Verbündeten stieg bei insgesamt abfallender Tendenz vor allem die Zahl von Opfern der milizähnlichen Lokalpolizei sowie von Luftangriffen, und zwar Letztere um 43 Prozent. Ein Drittel davon entfielen auf die afghanische und zwei Drittel auf US-Luftstreitkräfte.
Besonders viele Opfer entfielen auf die Hauptstadt Kabul. Diese hält die deutsche Bundesregierung bisher für sicher genug, um abgelehnte Asylbewerber dorthin abzuschieben – von Dezember 2016 bis zur vorläufigen Aussetzung Anfang Juni waren das 106. Aber das heißt nicht, das es anderswo ruhiger wird. Die UNO stellte wachsende Opferzahlen in weiteren 14 der 34 Provinzen und in allen sieben Regionen des Landes fest. Von einem Abflauen des Krieges kann keine Rede sein. Thomas Ruttig
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