Das Ding, das kommt: Amphibische Klänge auf der Fleetinsel
Ansehen, was er später aufzuessen gedenkt, das hat den Menschen lange erfreut. So finden sich einerseits auf ältester Höhlenmalerei neben Futterkonkurrenten oder potenziell gefährlichen auch solche Tiere dargestellt, aus denen der Mensch Kleidung und/oder Abendbrot machte. Als er, andererseits, angefangen hatte, selbst Getier zu züchten – zur Jagd, zum Schutz seiner Siedlungen, aber auch wieder, um es zu verzehren –, da hatte er’s dann ja gleich in echt vor Augen.
Von Sumerern und Ägyptern, aus China lange vor und dem Mittelmeerraum nicht ganz so lange vor Christi Geburt ist überliefert, dass auch Fische in solcher Weise ausgestellt wurden, irgendwann dann auch solche, die nicht auf dem Tisch landeten. Bis zum gläsernen Aquarium, wie es in so manchem Wohnzimmer steht, ist der Weg von da noch ein weiter, ganz zu schweigen von den richtig großen in den Zoos, deren Besuch Geld kostet.
Kaum mehr als ein Indiz für die Beliebtheit des Fischeguckens in den eigenen vier Wänden: Der Verband Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde (VDA), gegründet 1911 und „der älteste und größte Verband für Aquarianer und Terrarianer weltweit“, vereint nach eigenen Angaben hierzulande rund 350 Vereine mit etwa 13.000 Mitgliedern. Nun wollen davon sicher die wenigsten ihre Guppys, Skalare und guten alten Goldfische aufessen. Aber: „Das mühelose Dahinschweben von Fischen im Wasser begeistert Groß und Klein“, schwärmen die Durchführenden der Tierschutz-Studie „EXOPET“, unterstützt durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Der Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) weiß gar von einem „Gefühl von Frieden, Ruhe und sogar Geborgenheit“ zu berichten, das Aquarienbesitzer demnach durchströmt.
Durchströmt, und zwar von „amphibischen Klängen, verschwimmenden Kompositionen, fließenden Rhythmen und schimmernden Lichtspielen“, ist dieser Tage das Westwerk auf der Hamburger Fleetinsel, wenn dort die Hamburger Band Heffels ihr Aquarium eröffnet „für einen langen Abend der Aquatonalität“. Das klingt nach dem neulich an dieser Stelle verhandelten Sound des Klimawandels, dem Seufzen schmelzender Eisberge oder gleich nach Bruder Wal, diesem Al Green der Meere.
Der Sound von Hamburgs angeblich verschwiegenster(!) Band mit dem Kunsthintergrund ist dabei erfreulich wenig esoterisch, Improvisation ist im Spiel, die nicht unbedingt Jazz ist. Laut Ankündigungs-Flaschenpost wollen Heffels nun „über den Abend verteilt mit Gastmusikern sechs verschiedene Sets in unterschiedlichster Besetzung und Instrumentierung“ geben: „Mal elektrisch verstärkt und mal rein akustisch erklingen wie durch Meeresströmung herangetriebene Songs, submarine Soundtracks und ausufernde Resonanzen.“ Schöner hätten wir’s auch nicht zu sagen gewusst. aldi
The Heffels Aquarium: Do, 20. 7., 20 Uhr, Westwerk, Admiralitätstraße 74, Hamburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen