Personalwechsel bei Arbeiterpartei: Frischer Wind für Israels Linke

Avi Gabbay ist neuer Arbeiterpartei-Chef. Seine Eltern waren marokkanische Einwanderer. Er will wieder Friedensgespräche aufnehmen.

Porträt von Avi Gabbay am Mikrofon

Eine große Koalition mit Benjamin Netanjahus „Likud“ lehnt Avi Gabbay entschieden ab Foto: reuters

Eine Absage erteilten die Genossen von Israels Arbeitspartei den alten Hasen an der Spitze. Seit Montagnacht ist Avi Gabbay überraschender neuer Chef der Sozialdemokraten. Erst vor sechs Monaten hat sich der 50-jährige Wirtschaftswissenschaftler der Partei angeschlossen. Im Mai 2016 verließ er seinen Posten als Umweltminister, als der rechtsnationale Avigdor Lieberman Verteidigungsminister wurde. Auch von der Mittepartei Kulanu verabschiedete er sich, weshalb Kulanu-Chef Mosche Kachlon ihn einen „hinterhältigen Verräter“ schimpfte. Die Zeitung Ha’aretz nannte Gabbay dagegen „Israels neue demokratische Hoffnung auf Veränderung“.

Als Sohn marokkanischer Einwanderer wuchs er mit sieben Geschwistern in einem Übergangslager auf, entpuppte sich als begabter Schüler und machte sein Abitur an einem Jerusalemer Elitegymnasium. Nach der Militärzeit, die er beim Nachrichtendienst ableistete, und dem Wirtschaftsstudium begann er seine berufliche Laufbahn beim Finanzministerium und wechselte kurz darauf zur größten Telekommunikationsgesellschaft des Landes Bezeq, wo er es bis zum Generaldirektor schaffte. In einem Fernsehinterview bezeichnete er Jahre später sein damaliges Monatsgehalt von knapp 45.000 Euro als völlig unangemessen. Heute lebt er mit seiner Frau Ajelet, die ihn angeblich politisch nach links zieht, und den gemeinsamen drei Kindern im gediegenen Norden Tel Avivs.

Ganz anders als sein Gegner in der zweiten Wahlrunde, der Exgewerkschaftschef Amir Peretz, ist Gabbay kein geborener Sozialdemokrat. Und anders als sein Vorgänger Jitzhak Herzog, der vorläufig die Fraktion weiter führt, lehnt er eine Große Koalition mit Benjamin Netanjahus Likud entschieden ab. „Politisch bin ich wie Jitzhak Rabin“, sieht er sich selbst auf den Spuren des 1995 ermordeten Regierungschefs und verspricht, die Friedensgespräche mit den Palästinensern aufzunehmen, sollte die Arbeitspartei die Wahlen für sich entscheiden. Als Erstes will er dann die staatlichen Investitionen in isolierte Siedlungen stoppen und arabische Wohnviertel in Ostjerusalem unter die Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde stellen.

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