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Design und Bewusstsein

En Vogue In kaum einer anderen Stadt ist fair produzierte Bekleidung so angesagt wie in Berlin. Die Green Fashion Tours führen durch den Dschungel nachhaltiger Modeläden

Von Julia Johannsen

Veganer Nagellack. Strumpfhosen aus versunkenen Fischernetzen. Kohlmeisen auf Biobettwäsche. Das alles und noch viel mehr gibt es in Berlin zu kaufen. „Berlin ist ein Mekka für Fair­trade, Bio und vegan produzierte Mode“, sagt Christina Wille, Gründerin von Loveco in Berlin. Die zwei veganen Modeläden Loveco und DearGoods ziehen nicht nur Veganer an, sondern auch Kunden, die sich für Mode interessieren, die nachhaltig und fair produziert ist und gut aussieht.

Nachhaltige Mode wächst immer mehr aus ihrem Öko-Image heraus, wird stilvoller und modischer. Das Fair Fashion Label Folkdays, 2013 als Onlineshop gestartet und 2016 als Shop in Kreuzberg eröffnet, bietet handgefertigte Produkte aus 18 Ländern. Die Gründerin Lisa Jaspers, die früher für die Hilfsorganisation Oxfam gearbeitet hat, nutzt die bereits vorhanden Ressourcen, Materialien und Handwerkskünste der Produzenten als Grundlage für die Entwicklung ihrer Designs. „Unsere Kundinnen sind keine althergebrachten Fairtrade-Kundinnen“, sagt Lisa Jaspers. „Sie schätzen hochwertige schöne Produkte.“

Mode & Messen

Zweimal jährlich wird Berlin zur internationalen Bühne für Fashion und Lifestyle. Bei der Berlin Fashion Week (www.fashion-week-berlin.com) treffen sich Modeinteressierte, Einkäufer, Fachbesucher und Medienvertreter auf Shows und Awards, informieren sich auf Fachmessen, besuchen Ausstellungen und Offsite-Events.

Highlights der Berlin Fashion Week vom 4. bis zum 7. Juli sind die Modemessen Premium Exhibitions in der Station Berlin, die Panorama auf dem Gelände der Messe Berlin, die Show & Order im Kraftwerk, die Seek & Bright in der Arena Berlin und die Selvedge Run in der Kulturbrauerei, Greenshowroom und Ethical Fashion Show Berlin im Funkhaus sowie die Schauen der Mercedes-Benz Fashion Week im Kaufhaus Jandorf und me collectors room.

Darüber hinaus präsentieren rund 40 etablierte und junge Designer ihre Frühjahr/Sommer-Kollektion 2018 im Berliner Modesalon, der im Kronprinzenpalais beheimatet ist.

In den letzten Jahren haben vor allem Frauen ökofaire Modelabels gegründet: Lovjoi produziert seine Kollektionen in Süddeutschland gemeinsam mit ehemaligen Flüchtlingen, Glimpse beschäftigt traumatisierte Frauen in Indien und bietet ihnen zugleich Schulbildung. Laura Huppert von Ting hat auf ihren Reisen eine indische Handwerksfamilie kennengelernt und sie zum Produzenten für ihre minimalistisch-sinnlichen Schmuckstücke gemacht. Das Design entwickelt sie gemeinsam mit der Familie vor Ort und unterstützt das Prinzip der „Slowfashion“: Die Produktion dauert so lange, wie sie dauert, das sind oft einige Monate. „Je mehr Schmuck wir verkaufen, desto mehr Arbeitsplätze können wir schaffen“, sagt Laura Huppert. „Für uns ist das erst mal nur ein Herzensprojekt, das wir nebenbei machen. Für die Familie dort hat es eine ganz andere Bedeutung.“

Auch Berlinbesucher sind zunehmend interessiert an Fairfashion, ethischem Konsum und grünem Shopping in Berlin. Arianna Nicoletti bietet Green-Fashion-Tours für Touristen und Berliner mit unterschiedlichen Schwerpunkten an: Upcyc­ling Design, Fair- oder Veganfashion. „Wir gehen mit den Leuten in die Läden und Ateliers und lassen die Ladenbesitzer und Designer etwas zur Geschichte und Herstellung der Produkte erzählen“, sagt Arianna Nicoletti. Die ausgewählten Akteure müssen bestimmte Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen.

Gutscheine für taz-Leser

Green Fashion Tours Berlin (http://greenfashiontours.com) vergibt zwei Führungen.

Supermarché (www.supermarche-berlin.de) vergibt zwei Gutscheine à 50 Euro und einen Gutschein à 100 Euro.

Standard – Saubere Sachen (www.standard-saubere-sachen.de) vergibt eine Mud Jeans, einen veganen Nagellack und ein Tuch aus der eigenen Kollektion.

Die ersten Zusendungen an mode@taz.de werden berücksichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Schon bevor Slowfashion oder vegan Trend wurde, gab es Hirschkind: ein Label aus Berlin, spezialisiert auf handbedruckte T-Shirts mit Naturmotiven aus Biobaumwolle. Um ihre T-Shirts zu verkaufen, eröffnete Nicole Jäckle im Jahr 2009 gemeinsam mit ihrem Partner Ben Iron einen kleinen Laden in Kreuzberg. Mittlerweile ist daraus Supermarché auf der Wiener Straße geworden, eine Institution in Kreuzberg für bezahlbare ökofaire Kleidung und Produkte. „Bei uns kann man sich für die Demo einkleiden, aber auch einen fair produzierten Anzug kaufen“, sagt Nicole Jäckle. „Wir arbeiten mit vielen kleinen Labels zusammen, die nicht nur fair produzieren, sondern sich auch sozial engagieren.“ Supermarché hat zudem große Labels sowie eine große Auswahl an Jeans im Sortiment.

Katrin Hieronimus und Katharina Beth, die Gründerinnen von Standard – Saubere Sachen, haben nach der Eröffnung ihres Ladens zunächst ihren gesamten Freundeskreis mit MUD-Jeans ausgestattet. Die werden aus recycelten Jeans und Biobaumwolle in den Niederlanden hergestellt, mit möglichst wenig Wasserverbrauch und ohne giftige Chemikalien.

Yoga-Mode

Die Yogaläden Sotantarund yoga108haben eine Geschichte zu erzählen: Seit über zehn Jahren sind sie Experten für Yogakleidung und Zubehör in Berlin. Sotantar produziert seine eigene Yogakleidung und Meditationskissen auf Bali, yoga108 bietet moderne nachhaltige Yogamode der Labels Mandala, Jaya, Armedangels u. a. Auch Männer können hier etwas finden.

www.yoga-shop.org

www.yoga108.de

https://mandala-fashion.com

Die Kostüm- und Bühnenbildnerinnen haben Ende 2015 ihren Laden in Neukölln eröffnet, weil sie nirgendwo die Auswahl an modisch-ökologischer Kleidung fanden, die sie sich wünschten. „Es macht uns glücklich, dass in jedem Teil der grüne Gedanke steckt“, sagt Katharina Beth. „Wir wollen Lieblingsteile verkaufen, die länger als eine Saison halten.“

Der kleine Laden ist ein Familienbetrieb und ein Ort, wo der Kunde etwas von der Geschichte hinter jedem Teil erfahren kann. Veganer Nagellack ist ihre neueste Entdeckung.

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