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Jürgen Vogt über den Machtkampf in VenezuelaKarten werden neu gemischt

Die Überstellung von Oppositionsführer Leopoldo López vom Militärgefängnis in den Hausarrest zeigt einmal mehr die Machtkonstellation in dem Karibikstaat. In Venezuela bestimmt die Exekutive, was die Judikative zu vollziehen hat. Präsident Nicolás Maduro und sein Herrschaftszirkel bestimmen, wer in den Knast einfährt und ob und wann er oder sie wieder herauskommt. Mit López hat das Regime dem prominentesten Gefangenen Erleichterungen gewährt. Rund 400 Inhaftierte sind weiterhin Faustpfand in den Händen der Regierung.

Möge der Herr López die Entscheidung der Obersten Richter richtig verstehen und eine Botschaft für die Versöhnung abgeben, forderte Präsident Maduro als Gegenleistung. Und möglicherweise besteht darin sein Kalkül. Die radikalisierte Opposition lehnt jegliche Gespräche mit ihm ab, die Proteste auf der Straße gehen pausenlos weiter. Die Regierung hat niemand mehr, mit dem sie noch Reden kann. López wurde vor seinem Hausarrest mehrfach von dem Geschwisterpaar Delcy und Jorge Rodríguez besucht. Delcy, bis vor Kurzem Außenministerin und Jorge, Bürgermeister von Hauptstadtbezirk Libertador sind zwei zentrale Personen in der chavistischen Hierarchie. Was geredet wurde, ist nicht bekannt, aber dass geredet wurde, ist bemerkenswert.

Mit López’ Hausarrest werden die Karten unter der rechten Opposition neu gemischt. Wenn einer von dieser Seite noch eine Brücke bauen kann, dann López. Keiner hat wie er unter den jungen Demonstrierenden einen solchen Führungsstatus inne. Dass er zum sofortigen Ende der Proteste aufruft, steht nicht zu erwarten. Der zweifach gescheiterte Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles hat sich in den letzten Monaten radikalisiert und stets die Fortsetzung der Straßenproteste gefordert. Julio Borges hat sich als rebellischer Parlamentspräsident in den Vordergrund gespielt. Wo in dieser Konstellation López’ zu verorten ist, wird sich erst noch zeigen.

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