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Österreich hält Grenze zu Italien offen

Migration Kanzler Kern: Vorerst wird es keine Militärkontrollen bei der Suche nach Flüchtlingen geben

WIEN taz | Die Brenner-Grenze bleibt bis auf Weiteres offen. Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bemühte sich am Mittwoch, die von seinem Parteifreund Hans Peter Doskozil ausgelöste Alarmstimmung in Italien wieder zu beschwichtigen. Der Verteidigungsminister hatte am Vortag wissen lassen, 750 Bundesheersoldaten stünden bereit und könnten „zeitnah“ an die Grenze zu Italien verlegt werden, um bei Grenzkontrollen einen Assistenzeinsatz zu leisten. Anlass war die Befürchtung, die über 85.000 in diesem Jahr in Italien gestrandeten Bootsflüchtlinge könnten Österreich ansteuern.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der mit seiner Forderung, die Mittelmeerroute zu schließen, Wahlkampf macht, nutzte einen Aufenthalt in Tirol, um ­nachzulegen: „Wir bereiten uns vor und werden unsere Brenner-Grenze schützen, wenn es notwendig ist.“ Italiens Regierung reagierte wie erwartet gereizt auf die Medienberichte und bestellte ­Österreichs Botschafter ein.

Kern stellte in Wien nicht nur klar, dass derzeit keine Grenzkontrollen am Brenner stattfänden, sondern dass auch kein Einsatz des Bundesheers unmittelbar bevorstehe. Weder Truppen noch militärisches Gerät seien an der Grenze. Das sei derzeit nicht notwendig, „weil die Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden auf vorbildhafte Art und Weise“ funk­tioniere. Natürlich habe Österreich Notfallpläne erstellt. Allerdings sieht Kern „im Moment keine ­Anzeichen, dass die ita­lienischen Behörden die Situation nicht im Griff haben“. ­Keinesfalls würde eine Grenzkontrolle ohne vorherige Absprache mit den europäischen Gremien und der italienischen Regierung angeordnet. Kern hatte in diesem Sinne mit Italiens Premier Paolo ­Gentilo und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker telefoniert.

Italien, so Kanzler Kern, habe Anspruch auf europäische Solidarität bei der Bewältigung der Flüchtlingsversorgung. Ös­terreich wolle sich daran beteiligen und sich bei der Konferenz der Innenminister in ­Tallinn konstruktiv einbringen.

Ralf Leonhard

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