: Wenn Reden auch nicht hilft
Türkei Die Konrad-Adenauer-Stiftung lud zu einem deutsch-türkischen Dialog, der vor allem die Gräben deutlich machte
Wenn das Sein das Bewusstsein bestimmen würde, dann müsste es um die deutsch-türkischen Beziehungen bestens stehen: Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der Türkei, 7.000 deutsche Unternehmen gibt es dort, 95.000 türkische Unternehmen in Deutschland. Rund drei Millionen türkischstämmige Migranten leben in Deutschland – eine ausreichende Basis für glänzende Beziehungen. „Ich hoffe, dass die deutsch-türkischen Beziehungen auf einem Tiefpunkt angelangt sind“, erklärte hingegen Mustafa Alkan von der Gazi Universität Ankara vergangene Woche bei einem Diskussionsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung, „dann kann es nur noch aufwärts gehen.“
Woher also kommen die Probleme? Die Armenien-Resolution des Bundestages nennt Alkan an erster Stelle, das sei eine „große Beleidigung“ gewesen. Das Wort „Völkermord“ nimmt er nicht in den Mund. Es geht ihm auch nicht darum, was damals, 1916, war, sondern um den Nationalstolz der Türken.
Und dann die zögerliche Haltung der deutschen Politik in den Tagen nach dem Putschversuch. Die „mangelnde Solidarität bei der Bewertung des Putsches“ kritisierte Alkan. Und nun würden die Anhänger des Putsches nicht ausgeliefert.
Viele Jahre habe Deutschland gebraucht, um mit dem PKK-Verbot auf die türkische Bewertung einzuschwenken – bei der Gülen-Bewegung erwarte man dasselbe. Dafür müsse allerdings die Türkei „mehr erzählen, was für ein Mann das ist“.
Dass der deutsche Luftwaffenstützpunkt aus der Türkei verlegt würde, sei für die Türkei allerdings kein Problem, erklärte er – man sei sowieso enttäuscht gewesen, dass die deutschen Awacs-Bilder von den kurdischen Stellungen nicht an die türkische Luftwaffe weitergereicht werden. Ansonsten, so Alkan, sei vieles Wahlkampf gewesen, was da geredet wurde, insbesondere die Nazi-Vergleiche, die es aber auf beiden Seiten gegeben habe.
Dass die nationalistische Rhetorik von Präsident Erdoğan ankommt, bestätigte Sven-Joachim Irmer, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ankara. Der Druck der Medien in der Türkei sei sehr groß, die Adenauer-Stiftung könne nur im kleinen Kreise offen mit ihren Gesprächspartnern dort reden. Was kann getan werden, damit es nach dem Tiefpunkt wirklich wieder aufwärts geht? Alkan fiel dazu nur ein, „nichtstaatliche Akteure“ müssten mehr „miteinander reden“. Sind das deutsche und das türkische Bild der Demokratie noch vereinbar? Der Umgang mit dem inhaftierten Journalisten Deniz Yücel wäre dazu vielleicht ein Beispiel. Oğuzhan Yazici aus der CDU-Fraktion der Bürgerschaft, meinte nur, der Fall sei „kompliziert“.
Wenn es taktisch in die Argumentation passt, dann kommen demokratische Grundsätze ins Spiel, zum Beispiel wenn auf das gute Recht der Türken in Deutschland verwiesen wird, ihrem Präsidenten Erdoğan zu einer vorkonstitutionellen Machtfülle zu verhelfen. kawe
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