Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein: Nordische Kombination
CDU, Grüne und FDP wollen in Kiel fortan gemeinsam regieren. Die Grünen punkten bei Öko-Themen, bei der Sozialpolitik eher weniger.
Der landesweite Mindestlohn von 9,18 Euro, eingeführt Ende 2013, der für alle öffentlich erbrachten Leistungen gilt, läuft 2019 aus – und wird nicht verlängert. Doppelstandards wolle man nicht, begründet die FDP. Ohnehin gehe man fest davon aus, dass der Bundesmindestlohn (derzeit 8,84) dann angehoben werde, so die Liberalen. Und sich weiter positiv vom Bund abheben, stand nicht zur Debatte.
Bei genauer Studie der insgesamt 512 Millionen Euro an geplanten Investitionsmaßnahmen aus Landesmitteln fällt auf, dass die Koalitionäre auf zukunftsweisende Projekte setzen.
Der Kompromiss in der Verkehrspolitik sieht dann so aus: 120 Millionen Euro (mehr erhält kein Bereich) sollen für Straßenbau- und Sanierung ausgegeben werden; ein erweitertes Autobahnnetz sei für den wirtschaftsfreundlichen Standort – der Schleswig-Holstein künftig sein soll – unabdingbar, finden CDU und FDP. Die Grünen haben sich als Ausgleich dafür ein paar ökologische Punkte zusichern lassen, konkret bedeutet das: 40 Millionen Euro für den öffentlichen Nahverkehr, 10 Millionen für Elektromobilität und 10 Millionen für das Radwegenetz. Damit will man den eigenen Mitgliedern die ohnehin unumgängliche Fehmarnbeltquerung und den Weiterbau der A20 – beides sind Bundesentscheidungen – besser vermitteln.
In der Bildungspolitik wurde die Frage nach dem Turbo-Abi G8 oder dem Langsam-Abi G9 mit einem Kompromiss gelöst. Die von der CDU geforderte Rückkehr zu G9 wird flächendeckend erst ab dem Schuljahr 2019/2020 umgesetzt. Als kleines Hintertürchen bleibt den Schulen die Wahlfreiheit. Falls eine Schule bei G8 verbleiben will, kann sie dies einmalig so entscheiden. Beschließen kann das die Schulkonferenz mit einer Dreiviertelmehrheit.
Immer mit dem Wind
Spannend dürfte auch werden, wie das Windland Schleswig-Holstein künftig die Energiewende angeht. Die bisherigen Regionalpläne, die klar ausweisen, welche Flächen mit Windkraftanlagen bebaut werden dürfen und welche nicht, werden komplett neu überarbeitet.
Dieses Wahlversprechen, das CDU und FDP abgegeben hatten, beinhaltet, dass Windräder künftig weiter von Wohnsiedlungen entfernt stehen müssen. Andererseits soll die Energiewende aber nicht gefährdet werden, weshalb sich an der Gesamtnutzungsfläche für sogenannte Windeignungsgebiete (2 Prozent der Landesfläche) nichts ändern darf. So schreiben es die Grünen vor.
Um die wegen der neuen Abstandsregelung entfallenden Anlagen auszugleichen, will die Koalition Altanlagen an den windreichen Küsten erneuern. Ob dieser Plan rechtlich möglich ist, scheint indes fraglich. Im Zweifelsfall bleibt es bei den alten, von den Grünen mit ausgetüftelten Abständen.
Ein bisschen Flüchtlingshilfe
Ein weiterer Grünen-Pluspunkt: Ihre beiden in Wahl- und Parteivolk beliebten MinisterInnen erhalten Zubilligungen. Umweltminister Robert Habeck darf die Digitalisierung mit einem 50-Millionen-Euro-Budget voranbringen, Finanzministerin Heinold erhält einen zusätzlichen Staatssekretär, der künftig die Abwicklung der HSH-Nordbank mit verantwortet.
Die humane Flüchtlingspolitik, für die der bisherige Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) stand, versuchen die Grünen weiterzuführen. Bei Abschiebungen in Länder wie Afghanistan gilt zwar, wie es bundesrechtlich geregelt ist, kein allgemeiner Abschiebestopp mehr. Einzelfallprüfungen, die das Innenministerium und nicht die Ausländerbehörde übernimmt, soll es aber weiter geben. Und wie Grünen-Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben verdeutlichte, würden sich diese „nicht nur an den Kriterien der Bundesregierung orientieren, sondern auch an denen von Rotem Kreuz und anderen Hilfsorganisationen“.
Zudem haben die Koalitionäre vereinbart, 3 Millionen Euro in die Sprachförderung Geflüchteter zu investieren, was laut von Kalben „wesentlich mehr als bisher“ sei, und ein Landesaufnahmeprogramm für 500 besonders schutzbedürftige Geflüchtete zu schaffen.
Anmerkung: In einer früheren Version war von einem landesweiten Mindestlohn von 9,99 Euro die Rede. Das wurde jetzt korrigiert.
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