: Gut gestopft ist halb betreut
Kita-Ausbau Laut aktuellen Zahlen des Senats fehlen nur noch 265 Kita-Plätze, 2.250 wurden neu geschaffen, davon 1.100 in Containern
Jedes neunzehnte Kindergartenkind kommt ab dem Sommer in einen Container: 1.100 Plätze in sogenannten Mobilbauten hat Bremen vergangenes Jahr geschaffen. Im Vergleich zu Januar 2017 stehen damit 2.250 zusätzliche Plätze im neuen Kita-Jahr bereit. „Ein beispielloser Kraftakt“, sagt Bildungssenatorin Bogedan (SPD). Weil aber nicht alle geplanten Ausbaumaßnahmen rechtzeitig fertig werden, fehlen zu Beginn des Kita-Jahres im August rechnerisch 265 Plätze – davon 123 im Bereich der unter Dreijährigen und 142 bei den Drei- bis Sechsjährigen.
Im August 2016, zu Beginn des aktuellen Kita-Jahres, hatten über 600 Plätze gefehlt. Seither hat sich der Bedarf noch deutlich erhöht. Die Zahl der benötigten Plätze war lange Zeit grob falsch eingeschätzt worden, seit Bekanntwerden arbeitet das Bildungsressort in einer Reihe von Notmaßnahmen am behelfsmäßigen Ausbau.Wenn die Ausbaumaßnahmen abgeschlossen sind, stehen nach jetzigen Berechnungen auf dem Papier sogar mehr Plätze als benötigt zur Verfügung: 306 Plätze bei den unter Dreijährigen und 486 in der Gruppe der Drei- bis Sechsjährigen.
Ein Grund zum Feiern ist das aber nicht: Denn wer darauf hofft, dass die vermeintlich guten Platzaussichten bedeuten, dass die vom Senat geplante Vergrößerung der Gruppen von 20 auf 21 Kinder vom Tisch ist, der irrt. In einer entsprechenden Vorlage zur Bildungsdeputation, die der taz vorliegt, steht dazu: „Von der Möglichkeit einer Gruppenvergrößerung muss nach gegenwärtigem Planungsstand in geringerem Umfang Gebrauch gemacht werden.“ Bildungsprecherin Annette Kemp bestätigte dies auf Nachfrage: „Wir gehen davon aus, dass es notwendig sein wird.“ Die Erfahrungen aus dem letzten Jahr zeigten, dass viele Kinder außerhalb der offiziellen Zeiten angemeldet würden.
Insbesondere gebe es viele Spätanmeldungen in Stadtteilen wie Gröpelingen, Vahr, Hemelingen, Osterholz sowie Tenever. Mögliche Gruppenerweiterungen beträfen damit Einrichtungen, die schon heute „vor besonderen Herausforderungen in Hinblick auf Sprachförderung, soziale Probleme und fluchtbedingter Zuwanderung stehen“. Sofia Leonidakis, kinderpolitische Sprecherin der Linken, kritisiert dies: „Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Es gibt auch weiterhin unversorgte Kinder und in den prekären Stadtteilen existieren die größten Mängel.“ Zur „Abfederung“ der Notmaßnahmen in prekären Stadtteilen will der Senat 2,3 Millionen Euro in 56 besonders belasteten Einrichtungen investieren. Kemp sagt: „Davon soll insbesondere in betroffenen Einrichtungen eine Sozialpädagogenstelle als zusätzliche Kraft eingestellt werden.“
Es gibt aber noch mehr Unsicherheiten, ob die Plätze ausreichen, so die Bildungssenatorin. Denn die neu geschaffenen Plätze stünden unter dem Vorbehalt, dass sich entsprechende Fachkräfte finden lassen. Denn bislang fehlt bislang noch Personal für die neuen Stellen: „Gemeinsam mit den Trägern arbeiten wir an der Fachkräftegewinnung“, sagt Bogedan. gjo
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