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Hetzer im Dilemma

USA „Breitbart“ verliert Werbekunden, Fox News muss sich neu positionieren – ausgerechnet in der Ära Trump geraten die rechten Medien in die Krise

Seit dem Ausscheiden Stephen Bannons läuft’s bei „Breitbart“ nicht mehr so Foto: Evan Vucci/ap

von Malte Göbel

Trump ist Präsident, und rechte US-Medien, allen voran die ul­trarechte News-Website Breitbart und der erzkonservative TV-Sender Fox News, müssten eigentlich jubilieren. Doch bei beiden schrumpft das Publikum. Allerdings reagieren beide Medien darauf auf unterschiedliche Weise.

Vor einem halben Jahr noch schien Breitbart sich als wichtiges Medium in einem neuen US-Rechtsruck zu etablieren. Doch nun sieht es finanziell nicht gut aus für das Portal, dem früher Trump-Chefberater Stephen Bannon vorstand: Die Zahl der Inserenten sei in den letzten drei Monaten um 90 Prozent gefallen, berichtet der britische Mediendienstleister digiday.

Demnach hätten noch im März 242 verschiedene Firmen auf Breitbart geworben, im Mai seien es nur noch 26 gewesen. Die Zahlen stammen vom Onlineanzeigendienst MediaRadar.

Seit November 2016 hatte die Initiative Sleeping Giants via Twitter Druck auf Unternehmen aufgebaut, die auf Breitbart werben. Per Screenshot dokumentieren sie, wenn eine Firma auf Breitbart (oder einer anderen ultrarechten Seite) Werbung schaltet – und konfrontieren dann via Twitter das Unternehmen.

Im Zuge der Kampagne ließen zahlreiche Firmen Breitbart im Februar auf eine schwarze Liste setzen, um dort nicht mehr mit ihrer Werbung zu erscheinen, darunter Kellogg’s, Air Berlin, Lufthansa, Vapiano und Telekom. Anfang Juni hatten nach Angaben von Sleeping Giants 2.200 Unternehmen Breitbart auf solche Black Lists gesetzt.

Die Kampagne scheint Früchte zu tragen – und bringt das rechte Portal in die Bredouille. „Breitbart ist ja ein Unternehmen, es will zwar Politik machen, aber auch Geld verdienen“, sagt Angelo Carusone vom Medien-Institut Media Matters for America gegenüber der taz. Carusone zufolge steht Breitbart vor einem Dilemma: Entweder sie bleiben radikal wie bisher und verlieren noch mehr Anzeigenkunden – oder sie mäßigen sich und verlieren noch mehr Publikum.

Rassismus verwässert

Das lässt sich bereits spüren: Anfang Juni feuerte Breitbart die Autorin Katie McHugh, weil diese sich auf Twitter wiederholt rassistisch geäußert hatte – allerdings nicht krasser, als man es von Breitbart gewohnt war. „Normalerweise hätten sie so etwas nie getan“, sagt Carusone. Unter dem wirtschaftlichen Druck verwässere Breitbart seine Message – und verliere so an Einfluss.

Tatsächlich sind auch die Zugriffszahlen gesunken. Nicht so dramatisch, wie von Vanity Fair Ende Mai gemeldet – das Magazin hatte behauptet, bei der Internet-Analyse-Website Alexa liege Breitbart nur noch auf Platz 281 der US-Websites. Diese Zahl aber war Ergebnis einer Software-Panne, in Wahrheit lag Breitbart auf Platz 59 – wie das Portal dann auch genüsslich darlegte.

Eine deutliche Tendenz nach unten gibt es dennoch: Aktuell liegt Breitbart auf Platz 61, beste Platzierung war nach eigenen Angaben Platz 29 im Februar. Andere Analyse-Tools zeigen Ähnliches: Laut rank2traffic hatte Breitbart im Februar 2017 seinen Höhepunkt mit 99 Millionen Sessions pro Monat, am 1. Juni lag es bei 68 Millionen Sessions pro Monat. Auf Similarweb, das auf Daten von Google Analytics zurückgreift, hatte Breitbart noch im Januar 108 Millionen Besucher, im Mai dann nur noch 82 Millionen.

Der Schwund dürfte Breitbart aber nun dazu bringen, sich wieder mehr auf ihre radikalen Inhalte zu konzentrieren – finanziert dann nicht mehr über Anzeigen, sondern über Spenden von rechten Sympathisanten. „Sie werden weiter schrumpfen“, prophezeit Carusone, „und dann unter Volldampf weiter ihren Extremismus fahren.“

„‚Breitbart‘ will ­Politik machen, aber auch Geld verdienen“

Angelo Carusone, Medienanalyst

Die große Zeit von Breitbart sei mit dem Weggang Bannons aber zu Ende. „Bannon hatte eine Vision, auch für Breitbart als Unternehmen. Die heutigen Leute nicht mehr.“ Die Expansion nach Frankreich sei gescheitert, und ob es ein deutsches Breitbart geben wird, dürfe angezweifelt werden.

Fox News im Umbruch

Eine ganz andere Entwicklung nimmt Carusones Ansicht nach der konservative TV-Sender Fox News. Dieser bereitete Donald Trumps Chauvinismen seit Jahren den Boden und prägt besonders in den ländlichen Gebieten der USA den nachrichtlichen Mainstream. Mitte Mai musste der TV-Sender allerdings erstmals seit langer Zeit einen Misserfolg hinnehmen: Unter den 25- bis 54-Jährigen rangierte der Sender gegenüber seinen Konkurrenten CNN und MSNBC nur noch auf Platz drei.

„Der Sender ist im Umbruch“, diagnostiziert Angelo Carusone, dessen Institut Media Matters zu den entschiedensten Fox-Kritikern gehört.

Doch die Entwicklung hier wird seiner Meinung nach anders sein als bei Breitbart: „Sie bemühen sich gerade darum, mehr echten Journalismus ins Programm zu bekommen.“ Während Breitbart im extremen Rechtsaußen versanden dürfte, könnte Fox sich mehr zur Mitte bewegen.

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