Verfassungsgericht in Taiwan entscheidet: Ehe für alle wird legal
In Taiwan wird die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt, während in anderen asiatischen Staaten Schwule mit öffentlichen Stockhieben gedemütigt werden.
TAIPEH ap/taz | Taiwan hat als erstes Land Asiens die Ehe für alle für legal erklärt. Das Verfassungsgericht in Taipeh entschied am Mittwoch, dass das geltende Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen gegen den in der Verfassung verankerten Schutz der Menschenwürde und gegen die Gleichberechtigung verstoße.
Regierung und Parlament bekämen zwei Jahre Zeit, die Gesetze zu ändern oder neue einzuführen. Hunderte AktivistInnen mit den Regenbogenflaggen der Schwulenbewegung bejubelten die Entscheidung vor dem nahegelengenen Parlament.
Eine Gesetzesvorlage zur Umsetzung der Gerichtsentscheidung zirkuliert bereits im Parlament, wo sowohl die Regierung als auch die größten Oppositionsparteien eine Legalisierung der Ehe für alle unterstützen. Laut Umfragen ist auch eine Mehrheit der Bevölkerung dafür. Sollte sich das nötige Gesetz dennoch verzögern, könnten Paare sich ihre Ehen durch schriftliche Anträge anerkennen lassen, teilte das Verfassungsgericht mit.
Die AktivistInnen riefen das Parlament auf, bald Fakten zu schaffen. „Leute wie ich, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung mit Kindern sind, brauchen das Gesetz noch früher, noch schneller“, sagte Jay Lin, der Gründer des lesbisch-schwulen Filmfestivals von Taiwan. Ein 60-Jähriger, der seinen vollen Namen nicht nennen wollte, würdigte die Entscheidung der Richter als Meilenstein. „Ich bin so gerührt. Endlich haben wir diesen Moment erreicht“, sagte er.
Lesben und Schwule in Taiwan haben in den vergangenen Jahren intensive Lobby-Arbeit betrieben. Bei der jährlichen Gay-Pride-Parade kamen jedes Mal Zehntausende zusammen. Gegen die Legalisierung der Ehe für alle gab es nur geringfügigen Widerstand einiger konservativer Gruppen. Von den 15 Richtern des Verfassungsgerichts stimmten zwei dagegen, einer enthielt sich.
Dadurch ist Taiwan das einzige Land in Asien, in dem die Ehe für alle erlaubt wird. In mehreren anderen Staaten des Kontinents – und der Welt – werden Schwule und Lesben nach wie vor verfolgt. Zuletzt gab es Berichte von Verhaftungswellen und Folterungen von Schwulen in Tschetschenien. In Indonesien wurden am Dienstag zwei Schwule von einem Scharia-Gericht öffentlich mit Stockschlägen bestraft. In der Hauptstadt Jakarta wurden bei einer Razzia in einer Schwulensauna am Sonntag Dutzende Männer festgenommen. Zum Teil könnten sie für Jahre ins Gefängnis kommen.
Leser*innenkommentare
Angelika Oetken
Wer seine sexuelle Orientierung selbst anzweifelt und in seiner sexuellen Identität besonders unsicher ist, wird eher dazu neigen, seine unreife Irritation an den Menschen abzureagieren, die in der Hinsicht souveräner sind. Oder mutiger.
Bestes Beispiel: die Katholische Kirche und ihr Umgang mit Geschlechterfragen und Homosexualität http://www.spiegel.de/panorama/interview-mit-priester-kuegler-katholische-kirche-ist-groesste-transnationale-schwulenorganisation-a-386709.html
Was war noch der ausschlaggebende Punkt für die Missbrauchsdebatte, welche im Januar 2010 einsetzte?
http://www.eckiger-tisch.de/wer-wir-sind/