piwik no script img

Im Schatten der Balkone

Modernisierung In Hummelsbüttel sollen Mieter für riesige Anbauten zahlen

Riesenhafte Balkone auf Stelzen hat eine Wohnungsgesellschaft ihren MieterInnen in Hummelsbüttel vor die Fassade gestellt. Sie sind so groß wie manches Zimmer und ragen so weit heraus, dass kaum mehr Licht in die Wohnungen fällt – und dafür sollen die MieterInnen nun auch noch mehr bezahlen. Unter Führung des Mieters Ralph Busch haben sie den Mieterverein zu Hamburg um Hilfe gebeten.

Die Eigentümerin Deutsche Invest Immobilien betrachtet die neuen Balkone als Modernisierungsmaßnahme, von der sie elf Prozent pro Jahr auf die Miete umlegen dürfte. Zudem rechnet sie die Hälfte der Balkonfläche auf die Wohnfläche an. Da die neuen Balkone zehn Quadratmeter größer sind als die alten, kämen also fünf Quadratmeter hinzu.

Beide Forderungen sind aus Sicht des Mietervereins angreifbar. Die alten, abgerissenen Balkone seien sanierungsbedürftig gewesen, sagt Paul Mann vom Mieterverein. Folglich dürften nicht die gesamten Baukosten auf die Miete umgelegt werden. Wie viel Balkonfläche auf die Wohnfläche angerechnet werden darf, ist Auslegungssache: Ein Viertel bis die Hälfte ist möglich.

Aus Sicht der Mieter hält sich überdies der Komfortgewinn durch die neuen Balkone in engen Grenzen. Nicht nur dass sie die darunter liegenden Wohnungen verschatten – sie haben auch eine 1,20 Meter hohe Brüstung. Sitzen die Mieter beim Kaffee, glotzen sie gegen eine braune Wand.

„Die Frage ist, ob irgendwann die Schwelle zur Demodernisierung kommt“, sagt der Mieterberater Mann mit Blick auf diese Nachteile. Die Balkone wieder zu verkleinern wäre rechtlich wohl kaum durchzusetzen, vermutet Mann. Er denkt eher, „dass man wegen der Verschattung über eine Mietminderung nachdenken kann“. Möglicherweise könnte auch die Brüstung durchsichtig gestaltet werden.

„Eine Balkonerweiterung erhöht grundsätzlich die Lebensqualität von Wohnungen“, argumentiert Frank Wojtalewicz, geschäftsführender Gesellschafter der Eigentümerfirma. „Diese Erfahrung haben wir immer wieder bei unseren Wohnprojekten gemacht.“ Bei der Wohnanlage im Reembroden sei allerdings die Bauausführung suboptimal gelaufen, bedauert er. Jetzt werde zusammen mit der Baufirma nach einer Lösung gesucht.

Derzeit verhandelt der Mieterverein mit der Eigentümerin. Dabei geht es darum, die Modernisierungsmieterhöhung zu begrenzen, wie er sagt.

Gernot Knödler

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen