Großbritannien vor der Parlamentswahl: Bisschen links, bisschen rechts
Mit ihrem neuen Wahlprogramm will Premier May die Opposition schwächen. Indem sie deren Kernforderungen aufsaugt.
D as Wahlprogramm der britischen Tories, das am Donnerstagnachmittag in Halifax vorgestellt wurde, ist eine Wundertüte: Für jeden ist etwas dabei. Premierministerin Theresa May will Stimmen von rechts und links einsammeln.
Bei den Kommunalwahlen hatten die Tories bereits die rechtpopulistische United Kingdom Independence Party (Ukip) aufgesogen. Damit das bei den Parlamentswahlen in drei Wochen so bleibt, will May den Kurs gegenüber Einwanderern weiter verschärfen. Unternehmen sollen noch mehr zahlen, wenn sie Nicht-EU-Ausländer einstellen.
Die wiederum sollen mehr für den Gesundheitsdienst berappen, und die Freizügigkeit für EU-Ausländer soll aufgehoben werden. May will die Netto-Zuwanderung auf unter 100.000 Menschen im Jahr senken. Das hat sie als Innenministerin allerdings sechs Jahre lang vergeblich versucht, zuletzt lag die Zahl bei 276.000.
Dass sie die vorzeitigen Wahlen anberaumt hat, um sich ein starkes Mandat für die Brexit-Verhandlungen mit der EU zu sichern, ist Unfug. Warum sollte es die Brüsseler Verhandlungspartner kümmern, wie groß ihre Mehrheit im Unterhaus ist? Mit den Neuwahlen soll es vor allem der Labour Party an den Kragen gehen.
Deshalb hat May etwas Labour-Politik in ihr Programm eingestreut. So will sie den traditionellen Labour-Wählern, denen Parteichef Jeremy Corbyn zu links ist, die Tories schmackhaft machen: mehr Staatsintervention statt unkontrollierte Marktwirtschaft, Beschränkung der Managergehälter durch Aktionäre, mehr Mitbestimmung für Arbeiter, Obergrenze für Energiepreise.
Das hört sich zunächst gut an. Aber gibt es einen Grund, einer Premierministerin zu trauen, die monatelang beteuert, dass es keine vorgezogenen Wahlen geben werde, um sie dann aus niederen Beweggründen plötzlich anzuberaumen? Ein Indiz dafür, dass es ihr um die Festigung ihrer Macht geht, liefert May mit der geplanten Abschaffung der festgeschriebenen Legislaturperiode, die ihr Vorgänger gerade eingeführt hatte. So kann sie künftig den Wahltermin opportunistisch und nach Gutdünken festlegen und muss ihn sich nicht, wie diesmal, vom Parlament genehmigen lassen.
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