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Terrorverdächtige BundeswehrsoldatenNun ist es eine Gruppe

Die Bundesanwaltschaft lässt im Fall Franco A. einen weiteren Mann verhaften. Er hatte eine potentielle Zielliste angelegt.

Auch unter Soldaten gibt es rechtsextreme Gewalttäter Foto: dpa

Berlin taz | Nun ist es eine Gruppe. Am Dienstag ließ die Bundesanwaltschaft im Fall des terrorverdächtigen Bundeswehrsoldaten Franco A. einen weiteren Verdächtigen festnehmen: den Oberleutnant Maximilian T. Auch er sei dringend verdächtig, eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat“ vorbereitet zu haben, teilte die Behörde mit.

Maximilian T. war wie der bereits Ende April festgenommene Oberleutnant Franco A. auf dem Bundeswehrstützpunkt im französischen Illkirch stationiert. Festgenommen wurde er in Kehl (Baden-Württemberg). Der 27-Jährige soll eine Art Feindesliste angelegt haben, auf der laut Ermittlern der frühere Bundespräsident Joachim Gauck oder auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) standen.

Die Bundesanwaltschaft ist inzwischen überzeugt, dass Franco A. mit Maximilian T. und dem ebenfalls bereits Ende April festgenommenen Offenbacher Studenten Mathias F. einen Anschlag plante. Vorbereitet wurde ein „Angriff auf das Leben hochrangiger Politiker und Personen des öffentlichen Lebens“, teilte die Behörde mit. Diese hätten „für eine aus Sicht der Beschuldigten verfehlte Politik in Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten“ gestanden. Den Verdacht habe die Gruppe anschließend auf Flüchtlinge lenken wollen.

Als Attentäter sei Franco A. vorgesehen gewesen, so die Bundesanwaltschaft. Dieser habe sich eigens dafür Anfang Januar 2016 in Bayern als syrischer Flüchling registrieren lassen, um die Tat später als „radikal-islamistischen Terrorakt eines anerkannten Flüchtlings“ erscheinen zu lassen. Die geplante Tatwaffe, eine Pistole des Herstellers Manufacture d'Armes des Pyrenees Française, habe die Gruppe in Österreich beschafft.

1.000 Schuss

Das Trio soll sich über Chatnachrichten ausgetauscht und dort wiederholt abfällig über Flüchtlinge und Politiker geäußert haben. Auch Gewalttaten wurden offenbar in den Raum gestellt. Bei der Festnahme des Offenbachers Mathias F. fanden Polizisten Waffen und rund 1.000 Schuss Patronen, einige davon aus Bundeswehrbeständen.

Der nun festgesetzte Maximilian T. soll neben der Feindesliste auch Franco A.s Abwesenheiten bei der Bundeswehr gedeckt haben. Als dieser nach Bayern fuhr, um sich bei den Behörden seine Sozialleistungen als anerkannter Flüchtling abzuholen, habe ihn T. bei Vorgesetzten mit Vorwänden entschuldigt.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen das Trio wegen einer „staatsschutzspezifischen Tat von besonderer Bedeutung“. Die Verdächtigten hätten aus einer „rechtsextremistischen Gesinnung“ heraus gehandelt.

Die aktuelle Festnahme bringt die Bundeswehr weiter in die Bredouille. Nun geht es nicht mehr um einen rechten Einzeltatverdächtigen in ihren Reihen, sondern eine ganze Clique. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte erst jüngst gesagt, in der Affäre werde „noch viel hochkommen, das ist gar keine Frage“. „Wir sind noch nicht durch das Schlimmste durch.“

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10 Kommentare

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  • Zur Psychoanalyse der Bundeswehr und ihrer Gesellschaft.

     

    Imperialen Militärs ist in ihrer Geschichte die „Panzerung des masochistischen Charakters“ eigen. So bei der imperialistischen Reichswehr und insbesondere bei der kapitalfaschistischen und imperialistischen Wehrmacht. Aber auch bei der Bundeswehr, dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und den Bundesnachrichtendienst, insbesondere im Zusammenhang mit deren geopolitischen, militär- und wirtschaftspolitischen imperialistischen Einsatz, weltweit.

     

    Eine psychosoziale Voraussetzung für den Einsatz der Truppe im Ausland -im imperialen Kriegs- und Eroberungsgebiet- ist zweifellos auch die Panzerung des (masochistischen Charakters hierfür.

     

    Wilhelm Reich schreibt in seiner Charakteranalyse u. a. hierzu: „ferner gehören zum Bilde des masochistischen Charakters {...} eine intensive Quälsucht, unter der der Betreffende nicht minder leidet als sein Objekt {...} Wichtig ist, dass dieses charakterneurotische Symptombild sich bei manchen Fällen offen darbietet, bei anderen selbst wieder durch eine oberflächliche Maskierung verdeckt wird.“

     

    Es bleibt festzuhalten, nicht nur die Truppe, samt politischer Führung, gehört auf die tiefenpsychologische Couch, sondern die ganze imperialistische Gesellschaftsordnung. Dabei sind die besten Kräfte für deren Behandlung die bürgerlich-demokratischen Humanisten und antiimperialistischen Antifaschisten.

  • A.s Handeln und Denken geschieht nicht im luftleeren Raum. Das Aggressionspotential kann nur gedeihen in einer von interessierten rechten Kreisen geschürten Hysterie im Lande. Es gibt eine Partei, die AfD und eine „Bewegung“ (Pegida) im Lande, die mit Generalverdacht gegen Muslime (Parteiprogramm), Antisemitismus unter deren Abgeordneten (BaWü) oder offener Hetze gegen Schwule (Landtag Thüringen, Sachsen-Anhalt) das politische Klima vergiften.

     

    Die Politikernamen auf der Liste mit Kampfbegriff ‚Gutmensch‘ versehen (Gauck, Maas, Roth) sind die Lieblingshassobjekte vieler AfD-Sympathisanten in den (a)sozialen Netzen. Die Gewaltfantasien sind belegt (am Beispiel von AfD-Frohnmeiers Vergewaltigungswünschen an Claudia Roth).

     

    Der Messerattentäter auf Fr. Reker in Köln behauptete im Interesse „des Volkes“ gehandelt zu haben. Die "Umvolkungs"-Paranoia, die Wahnvorstellung „morgen kommt die Scharia“, gängig in Rechtaußenkreisen, findet sich in A.s Masterarbeit wieder.

     

    Sowas kommt von sowas her.

  • „Diese hätten „für eine aus Sicht der Beschuldigten verfehlte Politik in Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten“ gestanden. Den Verdacht habe die Gruppe anschließend auf Flüchtlinge lenken wollen.“

     

    Mit Sicherheit gab es in den vergangenen Jahren und Monaten Straftaten, nicht unbedingt von dieser extremistischen Gruppe, die nicht aufgeklärt wurden. Und das hat mit Sicherheit den Politikerinnen und Politikern in der Vergangenheit geschadet, die eine menschenfreundliche Ausländer- und Asylpolitik propagierten.

     

    Man kann noch immer nicht glauben, dass die Verbrecher bei der Kölner Silvesternacht nicht zum Beispiel bezahlt wurden. Wobei bei einzelnen Verbrechen oder wegen ein Paar Verbrecher bestimmter Zugehörigkeit darf man ja nicht pauschale Aussagen treffen, was leider von vielen Menschen damals gemacht wurde.

  • Nun haben wir also eine neue RAF. Die Rechte Armee Fraktion - Nur mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass sich die Neo-Nazis gleich selbst waffentechnisch bei der Bundeswehr bedienen konnten...

    Hurra Deutschland!

  • Danke für diesen Artikel.

    Nun wissen wir, wo wir leben.

    Wann tritt das Leyen-Spiel zurück ?

    Zugegeben, sie hat's nicht erfunden ... nur übernommen.

    Aber wer zuschaut und nichts dagegen tut, ist genau so schuldig.

    • @Pink:

      "...wissen wir, wo wir leben..."

       

      In der Türkei z.B. wurde erst ein Militärputsch versucht...

  • Nichts Neues von der Bundeswehr!

     

    Es handelt sich lediglich um die modifizierte Fortsetzung der Praxis der Bundeswehr und des Bundesnachrichtendienstes, so auch schon aus den 1950er und 1960er Jahren. Nur damals lag der Hauptgegner im Osten Europas. Wie auch schon zu Anfang der 1970er Jahre ein Bundeswehroffizier im Gespräch vor Studenten der Werkkunstschule am Schulberg in Wiesbaden-Hessen selbstbewusst und offen bekannte.

     

    In Ermangelung eines kommunistischen Gegners, nach der weltweiten Implosion des Realsozialismus, setzt man heute auf Fremdenfeindlichkeit, ökonomischen und militärischen Imperialismus und Rassismus. Ist doch der ideologische Rassismus und Sozialdarwinismus -auch für die Bundeswehr- eine gute Voraussetzung für deren weltweiten Einsatz, so auch in Asien und Afrika.

     

    Gleichzeitig bedient man auch den saudischen feudal-religiösen Wirtschafts- und Rohstoffpartner mit der Übernahme der militärischen Ausbildung seiner -islamischen- Truppen. So wie sich auch die VR China um die nukleare Zusammenarbeit und Aufrüstung Saudi-Arabiens bemüht. Eben, imperialistische Arbeitsteilung!

     

    Siehe auch: 28.03.2017

    Zusammenarbeit zwischen CNNC und Saudi-Arabien

     

    Die China National Nuclear Corporation (CNNC) und die Saudi Geological Survey (SGS) wollen im Bereich Uran- und Thoriumressourcen zusammenarbeiten. Die CNNC wird im Rahmen der Absichtserklärung in den nächsten zwei Jahren das Vorkommen radioaktiver Ressourcen in neun Gebieten Saudi-Arabiens untersuchen.

    Quelle: Schweizer Nuklearforum.

    • @Reinhold Schramm:

      Das erzählen Sie doch mal einen jungen Soldaten der in Afghanistan (angeblich) unsere Freiheit verteidigt.

       

      Während Sie vom Sofa aus die Soldaten der Bundeswehr als Rassisten abstempeln riskiert der Soldat Vorort auf einer staubigen Kreuzung seinen Unterschenkel durch einen schmutzige Bombe zu verlieren.

       

      Reichlich schäbig.

    • @Reinhold Schramm:

      "Nur damals lag der Hauptgegner im Osten Europas. "

       

      Und im Osten lag der Hauptgegner im Westen...

       

      Tja mei...

    • @Reinhold Schramm:

      Die Analyse klingt wie in den 90ern stehen geblieben.