piwik no script img

„Eine tragische Empfehlung“

Die drei Fragezeichen

Foto: ROG

Christian Mihr ist seit 2012 Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. Zuvor arbeitete er als Journalist bei verschiedenen Print- und Onlinemedien

1 Herr Mihr, ist Ihnen die Reaktion der Bundesregierung auf die Festnahme der Journalistin Meşale Tolu deutlich genug?

Christian Mihr: Ja und Nein. Es ist gut, dass die Bundesregierung wie schon im Fall Deniz Yücel in aller Öffentlichkeit Druck macht und nicht nur hinter den Kulissen. Es wäre aber ein stärkeres Statement und würde auch in der Türkei Eindruck machen, wenn sich die Bundesregierung nicht nur um die einzelnen deutschen Fälle kümmert, sondern ganz deutlich auch die Namen aller anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten nennt.

2 Bringt öffentlicher Druck denn in jedem Fall etwas oder kann er auch kontraproduktiv sein?

Er kann natürlich auch kontraproduktiv sein. Im Fall von Deniz Yücel scheint er im Moment zumindest nicht wirklich zu helfen. Wir haben in der Vergangenheit aber auch schon die Erfahrung gemacht, dass öffentlicher Druck am Ende zu Veränderungen führt, also zur Freilassung oder zur Verbesserung der Haftbedingungen. Der Fall Can Dündar war da nur der prominenteste Fall.

3 Würden Sie deutschen Journalisten denn im Moment überhaupt noch dazu raten, aus der Türkei zu berichten?

Das kann man nicht generell beantworten. Deutschen Journalisten, die einen türkischen Migrationshintergrund haben, würde ich wahrscheinlich eher zur Zurückhaltung und Vorsicht raten. Das ist eine tragische Empfehlung, aber im Moment ist es wohl ratsamer, wenn deutsche Journalisten ohne türkischen Migrationshintergrund die Berichterstattung aus der Türkei machen. Bei ihnen halten sich die Behörden mit Repressionen noch eher zurück.

Interview Tobias Schulze

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen