piwik no script img

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich

NRW Hannelore Kraft und Armin Laschet fahren beim TV-Duell die Krallen aus. Doch das täuscht

BERLIN taz | Am Ende ihres Fernsehduells gaben sich Hannelore Kraft und Armin Laschet lächelnd die Hände. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft dürfte es zwar nicht gewesen sein, dazu hatten sie sich zuvor allzu sehr beharkt. Aber ihr rund einstündiger Schlagabtausch am Dienstagabend hat zumindest gezeigt, dass die Gegensätze zwischen der nordrhein-westfälischen SPD-Ministerpräsidentin und ihrem CDU-Herausforderer weit geringer sind, als sie es gern erscheinen lassen würden.

Das TV-Duell zwischen den beiden SpitzenkandidatInnen bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl war mit Spannung erwartet worden. Den Wahlforschern zufolge sind viele Bürgerinnen und Bürger noch unentschlossen, wem sie am 14. Mai ihre Stimme geben wollen. Umfragen geben ein uneinheitliches Bild: Mal liegt die SPD deutlich vorn, mal ist die CDU gleichauf. Nur dass es für die derzeitige rot-grüne Koalition nicht mehr reichen wird, scheint ausgemacht. Die Landtagswahl im größten Bundesland gilt als wichtigster Stimmungstest für die Bundestagswahl im September.

Eine nervös und gereizt wirkende Kraft traf auf einen angriffslustigen Laschet, dem es immer wieder gelang, sie in die Defensive zu bringen. Doch so stark der CDU-Politiker in der Beschreibung von Mängeln im Land war, so schwach blieb er in der Formulierung von Lösungsstrategien.

Beispiel innere Sicherheit: Es gebe täglich 144 Einbrüche in Nordrhein-Westfalen, rechnete Laschet vor: „mehr als in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz zusammen“. Kraft räumte ein, das Niveau sei „in der Tat noch zu hoch“. Als Konsequenz kündigte sie die weitere Einstellung von Polizeibeamten an. Dafür war Laschet auch, forderte darüber hinaus jedoch die Einführung verdachtsunabhängiger Kontrollen, also der sogenannten Schleierfahndung, wie sie 13 Bundesländer bereits praktizieren. Die Schleierfahndung bringe gar nichts, um Einbrüchen vorzubeugen, konterte Kraft.

Besonders bitter für die So­zial­demokratin Kraft war Laschets Feststellung, dass in ihrer Amtszeit die Kinderarmut im Land gestiegen ist. Aber überzeugende Antworten, was er besser machen würde, konnte er nicht liefern. Da flüchtete er sich in Allgemeinplätze: Arbeitsplätze schaffen, Armut bekämpfen und für mehr Chancengerechtigkeit sorgen. Das will Kraft auch. Zurück blieb der Eindruck, dass es zwischen den beiden in grundsätzlichen Fragen kaum Unterschiede gibt.

Beim Thema Integration war die große Einigkeit zwischen Kraft und Laschet geradezu wohltuend. „Jeder, der hier lebt, der sich an Recht und Gesetz hält, sich hier einbringt, der seine Steuern hier zahlt, der ist für mich Nordrhein-Westfale“, sagte Kraft. „Egal was er glaubt, egal wo er herkommt, wen er liebt, welche Hautfarbe er hat.“ Gegenkandidat Laschet pflichtete ihr bei: Nordrhein-Westfalen sei schon immer ein Land von Zuwanderern gewesen.

Die nervös und gereizt wirkende Kraft traf auf den angriffslustigen Laschet

Als es um die Koalitionsfrage ging, ließ sich Kraft alle Optionen offen. Die Linkspartei sei nach ihrer Überzeugung zwar „nicht regierungs- und nicht koalitionsfähig.“ Sie sorge dafür, dass sie gar nicht in den Landtag kämen. Aber eine Absage an eine Zusammenarbeit kam ihr nicht über die Lippen. Man kann schließlich nie wissen.

Pascal Beucker

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen