Verfassungsziel Tierschutz: Schweinemastsystem soll illegal sein

Die per Verordnung erlaubten Haltungsbedingungen seien verfassungswidrig, kritisiert Greenpeace. Denn sie verletzten das Tierschutzgesetz.

Ein Ferkel in Nahaufnahme

Kommt nicht zur Ruhe: Ferkel im Schweinestall Foto: dpa

BERLIN taz | Die in Deutschland geltenden Detailvorschriften für die Schweinemast verstoßen laut der Umweltorganisation Greenpeace gegen das Tierschutz- und das Grundgesetz. Die betreffende Bundesverordnung verletze die im Tierschutzgesetz verankerte Pflicht zu einer angemessenen Ernährung, Pflege und verhaltensgerechten Unterbringung, schreiben die Hamburger Anwälte Davina Bruhn und Ulrich Wollenteit in einem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten für den Verband. Die bemängelten Haltungsbedingungen verursachten unzulässige Schmerzen. All das widerspreche dem Verfassungsziel Tierschutz.

Die Verordnung erlaube, Schweine ohne Stroh auf dem Boden zu halten. So könnten sie aber kaum ihr natürliches Bedürfnis ausleben, zu wühlen und zu graben. „Anstatt wie unter naturnahen Bedingungen 7–8 Stunden Nahrung aufzunehmen und zu bearbeiten, beträgt die Dauer der rationierten Nahrungsaufnahme in der konventionellen Schweinemast oftmals nur 10–20 Minuten.“ Das gelte zumindest, wenn Breie oder Pellets verfüttert würden.

Auch die Pflege sei defizitär. „So ist eine völlige Verkotung des gesamten Bodens fast ausnahmslos in den Gruppenhaltungen mit perforiertem Boden zu beobachten; die Tiere sind dem Gestank und der Berührung mit ihrem Kot permanent ausgesetzt.“

Zudem könnten sie wegen der Enge nicht ausreichend ruhen. Und die Juristen monieren: „Der für Schweine typische Bau von Schlafnestern ist nicht möglich.“

Auch die Initiative Tierwohl der Branche oder das von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) geplante staatliche Tierwohl-Label würden die Lage nicht ausreichend verbessern. Greenpeace fordert daher, die Haltungsvorschriften zu verschärfen. Das Land Berlin prüfe derzeit, ob es eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht einreiche.

Der Bauernverband dagegen kritisierte die juristischen Argumente als „wenig belastbar“. „Die deutsche Schweinehaltung ist das Ergebnis einer Güterabwägung zwischen Verbraucherschutz, Tierwohl, Tiergesundheit, Arbeitsschutz, Emissionsschutz sowie der Ökonomie“, teilte der Verband mit.

Minister Schmidt sagte, den Tieren werde es am Ende der Legislaturperiode besser gehen als vorher. Er lasse gerade eine ­Strategie für die Tierhaltung erarbeiten.

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