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Zwei Stufen zum großen Traum

Radsport Der Niederländer Tom Dumoulin überrascht beim Giro d’Italia. Möglichst bald sollen beim Team Sunweb deutsche Fahrer bei großen Rundfahrten vorn mitmischen

Aus Bormio Tom Mustroph

Einige Tage schon spannt das rosa Trikot auf dem Leib des Niederländers Tom Dumoulin. Für seinen Chef, den Sunweb-Teammanager Iwan Spekenbrink, kam dies viel früher als geplant. „Wir konnten zwar auf Toms Zeitfahrqualitäten setzen. Wir haben mit ihm auch sehr gut für die Berge trainiert. Dass wir am zweiten Ruhetag des Giro aber das Trikot haben und dass so viele Journalisten zu uns kommen, das hätten wir nicht gedacht“, erklärt der Niederländer.

Jetzt will er den Giro-Sieg. „Wann fuhr zuletzt mal ein deutsches Team um den Sieg beim Giro?“, fragte er rhetorisch und gab sich gleich selbst die Antwort: 2006, T-Mobile mit Jan Ullrich. Lang, lang ist es her.

Spekenbrink machte aber nicht den Eindruck, in tiefste Depressionen zu verfallen, sollte sein Schützling Dumoulin am Sonntag in Mailand das große Ziel verfehlen. Denn seine Pläne gehen über den Tag hinaus: „Wir stehen erst am Anfang. Wir wollen in den nächsten zwei bis vier Jahren stabil um Rundfahrtsiege mitfahren. Und auf lange Sicht wollen wir das mit deutschen Fahrern erreichen.“

Dazu gibt es einen Entwicklungsplan mit zwei Stufen. Die erste hat als Hauptprotagonisten Fahrer wie eben Dumoulin, seinen beim Giro wegen Verletzung bereits ausgestiegenen Co-Kapitän Wilco Keldermann und den Franzosen Warren Barguil. Mit ihnen will Sunweb in naher Zukunft bei den großen Rundfahrten mitmischen. Und dafür ein echtes Rundfahrt-Team aufbauen. „Der Auftritt hier beim Giro ist nur ein Schritt. Hier dürfen wir noch Fehler machen. Wir brauchen die Fehler auch, um sie in den nächsten zwei bis vier Jahren eben nicht mehr zu machen“, blickte er in die Zukunft voraus.

Wann Sunweb den ersten Sieg bei Tour, Giro oder Vuelta erreichen soll, legt Spekenbrink nicht fest. „Am liebsten diese Woche schon“, sagt er lachend. „Wenn es dann nur ein dritter Platz wird, weil wir eben nur die Kapazität zu einem dritten Platz haben, ist das auch gut. Wir sind prozessorientiert“, erläutert er. Einen Masterplan wie seinerzeit Team Sky, das fünf Jahre nach Teamgründung den ersten britischen Tour-de-France-Sieger stellen wollte – und das Ziel zuvor erreichte –, stellt Spekenbrink nicht auf. „Du kannst einen Toursieg nicht planen. Es gehören Talent und Arbeit, aber auch Glück dazu.“

Der ambitionierte Plan setzt voraus, dass auch die finanziellen Partner lange bleiben

Für die zweite Planstufe gibt der Manager ebenfalls keine Jahreszahlen vor. Die hat es aber in sich. Denn Sunweb möchte in Zukunft mit einem deutschen Fahrer große Rundfahrtsiege holen. Kandidaten, die die Entwicklungsschritte von Dumoulin & Co nachvollziehen sollen, gibt es schon im Team; der in diesem Zusammenhang stets genannte Name ist der von Lennard Kämna – Ex-Juniorenweltmeister im Zeitfahren, Ex-Bergmeister der U23 und aktuell, mit nur 20 Lenzen, bereits in der World Tour unterwegs. Weitere Talente will Spekenbrink casten. „Wir wollen ein Motor für die Entwicklung des deutschen Radsports sein“, verspricht er. Noch ist das deutsche Aufgebot bei Sunweb sehr überschaubar. Beim Giro fährt neben dem ­erfahrenen Simon Geschke, 30, erstmals der 22-jährige Phil ­Bauhaus mit. Aber ein Klassement-Fahrer ist Bauhaus auch nicht.

Mit den Talent Days will Spekenbrink „die Grundlage für unsere Entwicklung in den nächsten fünf bis zehn Jahren legen“. Der Plan setzt voraus, dass auch die Partner, vor allem die finanziellen Partner, lange bleiben – und dass die entwickelten Talente einerseits den Platz bekommen, den sie brauchen, andererseits aber auch Offerten zahlungskräftigerer Rennställe widerstehen.

Die Transformation zum Grand-Tour-Team findet im aktuellen Kader des einstigen Sprinterteams jedenfalls großen Beifall. „Ich habe früher auch gern für Marcel Kittel die Löcher zugefahren und mich gelegentlich am Leadout für den Sprint beteiligt. Aber jetzt Helfer für einen Klassementfahrer zu sein, kommt meinen eigenen Qualitäten viel mehr entgegen“, sagt Geschke. Mit den neuen Teamzielen kommt er auch einer großen eigenen Vision immer näher. Er erklärt: „Einer der Träume, die du hast, wenn du Radsportler wirst, ist ja, an einem Grand-Tour-Sieg beteiligt zu sein.“

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