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Provokationen unter Blumen

Nordkorea Trotz aller Aufgeregtheit über die neuerlichen Raketentests ist das Regime in Pjöngjang weiterhin berechenbar. Eher unklar scheint die Reaktion der USA zu sein

Aus Seoul Fabian Kretschmer

Geplant war der Raketentest als krönender Abschluss einer militärischen Machtdemonstration: Am „Tag der Sonne“, dem wichtigsten Feiertag im nordkoreanischen Kalenderjahr, ließ Staatsoberhaupt Kim Jong Un am Samstag Tausende seiner Soldaten im Pjöngjanger Stadtzentrum aufmarschieren. Begleitet von Marschmusik und strahlendem Sonnenschein, fuhr das Regime auch Dutzende Panzerformationen und Raketenträger auf. Gefeiert wurde der 105. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il Sung. Die Botschaft der majestätischen Fernsehbilder, unterlegt vom Pathos der nordkoreanischen Kommentatoren, war klar: Weder Sanktionen noch internationale Spannungen können das Land von seinem militärischen Kurs abbringen.

Der Raketentest am nächsten Morgen geriet jedoch zur vollständigen Blamage. Fast umgehend nach dem Start nahe der Hafenstadt Sinpo ist das Fluggeschoss, vermutlich eine Mittelstreckenrakete, abgestürzt. Die meisten Nordkoreaner haben von der „nationalen Schande“ nichts mitbekommen. Die Staatsmedien haben den misslungenen Raketenstart nicht vermeldet.

Fast zeitgleich brach der US-Vizepräsident Mike Pence am Sonntag nach Südkorea auf, wo er am Montag den kommissarischen Präsidenten Hwang Kyo Ahn zu Gesprächen traf. Dort wiederholte er die bekannten Botschaften: Man werde zwar eine friedliche Lösung in der Nordkorea-Anfrage anstreben, aber „jede mögliche Option“ berücksichtigen.

Seine Pressekonferenz spiegelte auch den neuen Stil der US-Regierung im Umgang mit Medien wieder: Nach einem verkorksten Abschiedsgruß auf Koreanisch spazierte der Republikaner aus dem Raum, noch ehe die anwesenden Reporter Fragen stellen konnten.

„Trump bricht mit vielen Regeln und handelt aus dem Bauch heraus“

Jean Lee, Journalistin

Südkorea bliebt trotz der angespannten Lage merkwürdig gelassen: Die Top-Nachricht auf den sozialen Netzwerken an diesem Wochenende handelte keinesfalls von Nordkorea, sondern vom Konzert der britischen Rockband Coldplay. Unter Diplomaten und Korrespondenten ist dennoch eine gewisse Angespanntheit nicht zu übersehen. Dies hat im Übrigen weitaus weniger mit Kim Jong Un zu tun, der zwar einen despotischen, doch vorhersehbaren Kurs führt. Die Elite in Pjöngjang hat einen ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb, ergo wird sie keinen Angriffskrieg führen, solange es Alternativen hat.

Relativ unklar ist jedoch, was der US-Präsident genau vor hat: „Trump bricht mit vielen traditionellen Regeln und scheint aus dem Bauch heraus zu handeln“, sagt Jean Lee, die als erste westliche Journalistin 2012 ein Nachrichtenbüro für AP in Pjöngjang eröffnet hat. Die Unberechenbarkeit Trumps sei dabei Teil seiner Strategie: „Kim Jong Un und Xi Jinping sollen sich nicht zu sicher fühlen.“

Trotz des gescheiterten Raketentest wird Kim Jong Un die Worte Washingtons wohl schon bald mit einer weiteren Provokation auf die Probe stellen: Laut Satellitenaufnahmen ist es nur mehr eine Frage der Zeit, wann Nordkorea seinen nächsten Atomtest zünden wird. Gelegenheit bietet sich noch diesen Monat: Am 25. April feiert das Land den 85. Gründungstag seines Militärs.

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