Verkauf der Lausitzer Braunkohle: Land vertraut Vattenfall-Kanzlei

Die Regierung in Potsdam berief sich auf ein Gutachten, um einen Vattenfall-Verkauf zu erlauben. Das Problem: Die Gutachter sind Vattenfalls Anwälte.

Arbeiter steht unter riesigem Förderrad

In der Lausitz wird so manches große Rad gedreht – hier im Tagebau Nochten Foto: dpa

BERLIN taz | Hätte die Landesregierung von Brandenburg den Verkauf der Braunkohle-Sparte von Vattenfall an den tschechischen Energiekonzern EPH und den Finanzinvestor PPF verhindern oder an Bedingungen knüpfen können – etwa mehr finanzielle Sicherheiten für die spätere Beseitigung der Tagebauschäden? Über diese Frage wird im Land schon länger gestritten. Der Umweltverband Greenpeace und die Grünen argumentieren, dass das Land diese Möglichkeit gehabt hätte, aber ungenutzt verstreichen ließ.

Das brandenburgische Wirtschaftsministerium hatte das, gestützt auf einen Vermerk des Landesamts für Bergbau, Geologie und Rohstoffe, zunächst genauso gesehen; das zeigen interne Unterlagen aus dem Jahr 2014, die der taz vorliegen.

Später argumentierte das Land, diese Möglichkeit habe beim Verkauf von Vattenfalls Braunkohle-Sparte doch nicht bestanden. Zur Begründung verwies das von SPD-Mann Albrecht Gerber geführte Wirtschaftsministerium im Januar dieses Jahres auf Einschätzungen aus „einem aktuellen Rechtsgutachten vom Januar 2017“.

In der Antwort auf eine Anfrage der Brandenburger Grünen-Abgeordneten Heide Schinowsky hat das Ministerium nun erstmals bekannt gegeben, woher dieses Gutachten stammt. Es „wurde im Auftrag des DEBRIV Bundesverband Braunkohle durch die Firma Freshfields Bruckhaus Deringer LLP verfasst“, heißt es darin.

„Wir haben das Gutachten schließlich nicht beauftragt“

Das ist nicht nur deshalb bemerkenswert, weil Vattenfall ein wichtiges Mitglied im Bundesverband Braunkohle war. Zudem war die Kanzlei Freshfields ausgerechnet jene, die Vattenfall beim Verkauf der Braunkohlesparte juristisch beraten hat. Mit dem Verkauf, den Freshfields in einer Pressemitteilung vom April 2016 als „die größte und komplexeste Transaktion in der europäischen Energiewirtschaft in diesem Jahr“ bezeichnete, waren 28 Anwälte der Kanzlei befasst.

„Die Landesregierung beruft sich also auf ein Gutachten, in dem sich Freshfields die eigene Rechtsauffassung bestätigt“, kommentiert Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. Aus dem Brandenburger Wirtschaftsministerium gibt es keine Antwort auf die Frage, ob man es normal findet, die eigene Rechtsauffassung auf die Anwälte des Unternehmens zu stützen, über das man zu entscheiden hat. „Diese Frage stellt sich für uns nicht“, antwortet Sprecherin Claudia Lippert lediglich. „Wir haben das Gutachten schließlich nicht beauftragt.“

Hintergrund des Streits ist die Frage, ob die Käufer wie vorgeschrieben für die Renaturierung der Tagebaue und die Beseitigung der Schäden aufkommen werden. Unter anderem dafür hatte Vattenfall zwar 1,7 Milliarden Euro an die neuen Eigentümer übertragen. Doch ob dieses Geld auch bei einer Insolvenz der Betreiber zur Verfügung stehen würde, ist offen. Eine sogenannte Patronatserklärung, in der sich die Eigentümer verpflichten, für ihr Brandenburger Tochterunternehmen einzustehen, liegt laut Wirtschaftsministerium nicht vor.

Dennoch habe es die Landesregierung bisher abgelehnt, „Auflagen zur Sicherung der Rücklagen zu erteilen“, kritisiert die Grünen-Abgeordnete Schinowski – und warnt: „Die Kosten drohen am Steuerzahler hängenzubleiben.“

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