: Viele Wege führen in den deutschen Staatsdienst
AUSBILDUNG Behörden wie Polizei und Rentenkasse werben verstärkt junge Migranten als Nachwuchskräfte. Teilweise gibt es schon während des Studiums Geld
Ines Schröder, Rentenversicherung
Junge Franzosen, die ihre berufliche Laufbahn in der Verwaltung sehen, haben es leicht: In Frankreich ist dieser Weg klar vorgezeichnet. Elite-Fachhochschulen wie die „Sciences Po“ bilden ihre Studierenden für hochrangige Positionen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung aus. Ihr Besuch ist obligatorisch.
In Deutschland ist es schwieriger: Ausbildung, duales Studium oder doch der Quereinstieg ermöglichen den Weg in die städtischen oder ländlichen Behörden.
Die Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW) Hamburg zum Beispiel bietet den Bachelor-Studiengang „Public Management“ an. In vier Theorie- und zwei Praxissemestern erwerben die Studierenden hier interdisziplinäre Kenntnisse aus Recht, Wirtschaftswissenschaften und Sozialwissenschaft und Informationstechnik. „Wir sind ein Generalistenstudium“, sagt HAW-Professorin Birgit Menzel. Ziel des Studiums sei, dass die Studierenden Kenntnisse in möglichst vielen Bereichen besitzen. Im Anschluss winkt der Beamtenstatus: In der Regel werden Absolventen der HAW übernommen.
„Wir bilden bedarfsgerecht aus“, sagt auch Ines Schröder von der Deutschen Rentenversicherung Nord (DRN). Verbeamtet würde bei ihnen heute niemand mehr, doch die Chancen auf eine Übernahme nach dem dualem Studium oder der Ausbildung stünden gut. Zwölf Azubis und vier Studierende stellt die Behörde jährlich ein. Besonders gefragt: junge Menschen mit Migrationshintergrund. „Viele unserer Kunden haben selbst einen Migrationshintergrund. Dass wird durch unsere Auszubildenden noch nicht abgedeckt.“
Dirk Troendle, Geschäftsführer der Türkischen Gemeinde Hamburg (TGH) bekommt häufiger Anfragen von der Stadt: „Die städtischen Behörden suchen explizit nach türkischstämmigen Auszubildenden“, sagt Troendle. Dass sei natürlich auch eine Form der positiven Diskriminierung. Jedoch eine, von der die jüngeren der rund 3.000 Vereinsmitglieder profitieren könnten. „Über das Stadium der Integration sind unsere Mitglieder hinaus“, sagt Troendle, „was wir brauchen ist mehr Partizipation.“ Die TGH fungiert dabei als Plattform, über die sich Schüler und Stadt vernetzen können.
Bei der letzten Veranstaltung der TGH stellten die Hamburger Polizei und die DRN ihre Studiums- und Ausbildungsmöglichkeiten vor.
Ein duales Studium bei der Rentenversicherung dauert sechs Semester. Davon werden vier an der Fachhochschule Rheinfeld verbracht, zwei weitere im Betrieb. Am Ende haben die Absolventen nicht nur einen Bachelor of Laws, sondern auch schon Geld verdient: das Studium wird mit 1.200 Euro monatlich vergütet.
Auch ein duales Studium bei der HAW lohnt sich: Anwärter auf den mittleren Dienst erhalten 1.100 Euro brutto im Monat. Dafür müssen sie aber auch etwas tun. In zwei Fachsemestern durchlaufen die zukünftigen Beamten verschiedene Stationen der öffentlichen Verwaltung: in Fachbehörden oder in der Sachbearbeitung wird sich mit den späteren Aufgaben vertraut gemacht. Sollten die Studierenden nach dem Studium einen anderen Weg einschlagen, müssen Bezüge jedoch zurückgezahlt werden.
Muriel Kalisch
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