Portrait: Der Doppelgänger
Optische Zwillinge sind eine faszinierende Spielart der Natur, bei der sich zwei nicht verwandte Menschen zum Verwechseln ähnlich sehen. Dass kommt sehr selten vor – für André Janz wurde dieses Phänomen aber diese Woche plötzlich Realität.
Seit Januar vertritt der 26-Jährige den Pressesprecher der Polizei im niedersächsischen Stade. „Bisher hatte ich mehr mit Bürgern zu tun, jetzt werden es mehr Medienleute sein“, sagte er dem Neuen Buxtehuder Wochenblatt bei seinem Amtsantritt. Die Aufmerksamkeit mancher Medienleute – genauer gesagt die des Bildblogs – wurde dem ehemaligen Schichtleiter der Polizei Buxtehude am Donnerstag zum Verhängnis.
Nach einem Raubüberfall gab die Pressestelle in Stade am Mittwoch das Fahndungsbild des Verdächtigen heraus. Bei genauem Hinsehen hat der gesuchte Mann verblüffende Ähnlichkeit mit Rapper Bushido. Das Foto spiegeln, den Bart verlängern, eine Kette wegretuschieren, eine Kappe hinzufügen und alles als Buntstiftzeichnung illustrieren – schnell wird aus dem bekannten deutschen Musiker ein potenzieller Räuber.
„Das ist nicht Bushido“, sagt Janz. Das Fahndungsbild sei von einem professionellen Zeichner des Landeskriminalamts angefertigt worden und jede Ähnlichkeit mit dem Sohn eines Tunesiers und einer Deutschen reiner Zufall. Davon, dass die Ähnlichkeit möglicherweise durch Ressentiments gegen südländisch aussehende Menschen zustande gekommen sein könnte, will der Pressesprecher nichts wissen.
Auch detaillierte Ähnlichkeiten zwischen Original-Bushido und Phantombild wie ein einzelnes weißes Haar in der Augenbraue oder ein hervorstehendes Nasenhaar, kann Janz sich einfach nicht erklären.
Obwohl Kontakt mit Journalisten zur Stellenbeschreibung von Janz gehörte, dürfte ihm dieser am Donnerstag doch etwas zu viel geworden sein. Den ganzen Tag riefen Journalisten an, die die Ähnlichkeit zwischen dem Rapper und dem Verbrecher nicht glauben konnten.
„Das Phantombild wurde nach den Angaben der Hauptzeugin gefertigt“, betont er. Da die Identität der Zeugin geschützt werden soll, bleibt die Frage offen, ob sie während des Überfalls auch gerade Bushido hörte. Muriel Kalisch
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