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Verkehrte Verkehre

Pendler-kongress

Es ist eine Konferenz mit langem Vorlauf: Am 29. März berät der BUND Bremen mit heimischen und angereisten ExpertInnen unter dem Titel „Stadt, Land, Verkehr“, wie sich das Pendlerproblem eindämmen lässt. Diskutiert wird am Beispiel des Landes Bremen. Denn dort ist der Anteil derer, die weite Strecken vom Umland bis zum Arbeitsplatz zurücklegen, besonders hoch. Fast alle – 82 Prozent – von ihnen fahren mit dem Auto. „Wir rechnen damit, dass die Ergebnisse übertragbar sein werden“, sagt Stephan Glinka, Verkehrsreferent des Umweltverbandes.

Als vor rund zehn Jahren erstmals der Anteil der EinpendlerInnen an den Bremischen Erwerbstätigen auf gut 40 Prozent beziffert worden war, hatte Glinka die Zahl für realistisch, aber viel zu hoch gehalten: „Das sind aus meiner Sicht unnötige Verkehre“, sagt er. Seit 2016 eine Studie der Arbeitnehmerkammer gezeigt hatte, dass der EinpendlerInnenanteil im Land Bremen seit der Jahrhundertwende steigt und mittlerweile stramm gen 50 Prozent galoppiert – 47 von 100 bremischen Erwerbstätige leben nach den mikrozensusbasierten Berechnungen ihrer Autorin Jessica Holzer in Niedersachsen –, hat die Debatte Gestalt angenommen.

Am Mittwoch werden Fachleute die ökologischen, infrastrukturellen und gesundheitlichen Auswirkungen des Pendelns erläutern. Andreas Bovenschulte (SPD) muss als Bürgermeister von Weyhe erklären, wie eine Umlandgemeinde mit der Nine-to-five-Landflucht zurechtkommt, ein Mobilitätsmanager darf vorstellen, welche Rezepte er mit seiner Beraterfirma Mobilix entwickelt: Die sitzt in Unna, also am Nordrand des Ruhrgebiets, wo extrem hoher Leidensdruck herrscht, und sucht für ihre Auftraggeber nach „Möglichkeiten, den Arbeitsweg deutlich effizienter, entspannter und vor allem nachhaltiger zu gestalten“. Zum Abschluss gibt es noch eine politische Debatte darüber, welche administrativen Lenkungsmöglichkeiten Erfolg verheißen.

Es wäre sicher klug gewesen, sich noch aus beispielsweise Hamburg Expertise heranzukarren: Dort ist seit 2000 der Pendleranteil von 40 auf 36 Prozent gesunken. Und von denen nutzt fast jeder Dritte den öffentlichen Nahverkehr. Irgendetwas klappt dort besser. bes

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