: Abschiebung nach 25 Jahren
Asyl Der rot-grüne Senat wollte ursprünglich im Februar viel mehr Afghanen abschieben. Doch er wurde gestoppt
Bei der zweiten Sammelabschiebung vom Münchner Flughafen nach Afghanistan sollten am 22. Februar dieses Jahres eigentlich elf in Hamburg lebende Afghanen dabei sein. Es waren dann aber „nur“ zwei junge Männer im Alter von 19 und 22 Jahren, die seit vier Jahren in Deutschland lebten. Einer von ihnen saß vor der Abschiebung ohne richterliche Anordnung in Abschiebehaft. Das geht aus der Antwort einer kleinen Anfrage der Linksfraktion an den Senat hervor. In einem Fall stoppte eine Petition die zwangsweise Ausreise, in einem weiteren Fall stoppte ein Gericht die Abschiebung.
In den anderen Fällen wurden die Betroffenen einfach nicht angetroffen oder es lagen temporäre Abschiebehindernisse vor. Auffällig ist, dass das Gros der auf der Abschiebeliste stehende Personen im Alter von 21 bis 35 Jahren teilweise bereits fünf und bis zu 25 Jahre in Deutschland lebten. „Das heißt nicht, dass sie die ganze Zeit hier illegal waren, sondern vielleicht mal ein temporäres Aufenthaltsrecht gehabt haben“, erläutert der Sprecher der Ausländerbehörde, Florian Käckenmester, der zu den Einzelfällen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft gibt.
Es könne aber sein, dass diese Personen wegen Straftaten oder anderen Umständen das Aufenthaltsrecht verloren hätten und dann wieder in Kategorie der Ausreisepflichtigen gefallen seien, so Käckenmester. Ob dies bei den beiden Abgeschobene der Fall war, gibt der Senat nicht preis. Die Regierung beruft sich auf den Datenschutz, weil die Preisgabe etwaiger Vorstrafen nicht angemessen sei, da diese „nicht Gegenstand eines Führungszeugnis wären“, so der Senat. Lediglich zu drei Personen, die ursprünglich auf der Abschiebeliste standen, konnte der Senat Angaben über eine Verurteilung zu Bewährungsstrafen machen. Für die Linksfraktion wird deutlich, dass Innensenator Andy Grote (SPD) seine Ankündigung umsetzt, nicht nur straffällig gewordene oder nicht integrierbare Flüchtlinge ins Bürgerkriegsland Afghanistan zurückzuschicken, sondern auch junge alleinstehende Männer.
„Der Senat hält sich nicht an seine Aussage, vorerst Straftäter und allein lebende, nicht Integrierte Männer abzuschieben. Auch vor der Abschiebung von Angehörigen der Minderheiten schreckt der Senat nicht zurück“, kritisiert die Bürgerschaftsabgeordnete der Linkspartei, Christiane Schneider. Zwei der zur Abschiebung vorgesehenen Männer wären Christen, einer habe der Minderheit der Hazara angehört. Kai von Appen
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