Mindestlöhne in EU-Mitgliedsländern: Tendenz eher steigend

Einer Studie der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung zufolge sind die gesetzlichen Mindestlöhne in der EU gestiegen. Nur in Griechenland gab es keine Erhöhung.

Beine einer Frau, die einen Krankenhausflur wischt

Deutschland zahlt im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten einen relativ geringen Mindestlohn Foto: dpa

DÜSSELDORF epd | Die gesetzlichen Mindestlöhne in der EU sind einer Studie zufolge zuletzt im Durchschnitt kräftig gestiegen. 21 der insgesamt 22 EU-Staaten, die über eine allgemeine gesetzliche Lohnuntergrenze verfügen, haben diese zum 1. Januar 2017 oder innerhalb des Jahres 2016 angehoben, wie aus dem neuen Mindestlohnbericht der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht, der am Dienstag in Düsseldorf veröffentlicht wurde. Lediglich in Griechenland gab es wegen der Vorgaben der Troika keine Erhöhung.

Die nominalen Erhöhungen waren die stärksten seit 2007, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Stiftung erklärte. Da gleichzeitig die Inflation sehr niedrig war, legten die Mindestlöhne in den meisten EU-Ländern auch real deutlich zu.

Der deutsche Mindestlohn ist dem Bericht zufolge mit 8,84 Euro pro Stunde spürbar niedriger als die Lohnuntergrenzen in den westeuropäischen Euro-Staaten, die mindestens 9,25 Euro Stundenlohn vorsehen, in Luxemburg sogar 11,27 Euro. Der Mindestlohn in Großbritannien liegt umgerechnet mit 8,79 Euro auf dem gleichen Niveau, wäre ohne die jüngste Abwertung des britischen Pfundes aber deutlich höher, wie es hieß.

Nachdem die Sparpolitik in zahlreichen EU-Staaten über längere Zeit auch die Mindestlohnentwicklung ausgebremst habe, habe sich „der bereits seit einigen Jahren andauernde Trend hin zu einer dynamischeren Mindestlohnentwicklung noch einmal beschleunigt“, erklärte der WSI-Tarifexperte Thorsten Schulten in dem Bericht. Darin zeige sich auch ein „gewisser Nachholbedarf“. Trotzdem sei der Mindestlohn gemessen am mittleren Lohnniveau in vielen Ländern nach wie vor niedrig.

Nominal legten die Mindestlöhne 2016 im Mittel der EU-Länder laut Bericht um fünf Prozent zu, gegenüber drei Prozent 2015. Dabei gab es weiterhin erhebliche Unterschiede. In West- und Südeuropa reichten die nominalen Anhebungen von 0,9 Prozent in Frankreich über zwei Prozent in Belgien und 4 Prozent in Deutschland bis zu 7,5 Prozent in Großbritannien und 8,1 Prozent in Spanien. In Osteuropa stiegen die Mindestlöhne überall um nominal mindestens fünf Prozent. In Polen, Tschechien, den meisten baltischen Staaten, Bulgarien, Ungarn und Rumänien stiegen sie sogar zwischen 8,1 und 19 Prozent.

In fast allen EU-Ländern lag die Mindestlohnentwicklung über der – meist sehr niedrigen – Inflationsrate. Die reale mittlere Erhöhung der Mindestlöhne betrug der Studie zufolge daher 2016 4,6 Prozent. Das sei der höchste Zuwachs seit der Jahrtausendwende.

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