: Fillon stammelt sich ins Abseits
Frankreich Der konservative Präsidentschaftskandidat weist jedes Fehlverhalten weit von sich. Er wittert nichts als Verschwörungen. Seine Chancen steigen dadurch nicht
Aus Paris Rudolf Balmer
Die Journalisten warteten am Mittwochvormittag vergeblich in der Landwirtschaftsmesse auf François Fillon. Er hatte die für jeden Präsidentschaftskandidaten unumgängliche Begegnung mit den Landwirten kurzfristig und ohne Angabe von Gründen abgesagt. Gerüchte zirkulierten, wonach der konservative Kandidat eine Vorladung der Justiz erhalten habe. Die Spannung stieg, als Fillon die Medien für 12 Uhr überraschend zu einer feierlichen Erklärung in sein Hauptquartier einlud. Sofort wurde spekuliert: Will er auf seine Kandidatur verzichten? Wer könnte ihn ersetzen?
Am Mittag ließ Fillon die Medien zuerst einmal lange warten. Als er dann ans Rednerpult trat, machte er es kurz: Er teilte mit, dass seine Anwälte von den drei Untersuchungsrichtern die Information erhalten hätten, wonach sie ihm eine Vorladung für den 15. März zustellen und nach dieser Einvernahme offiziell ein richterliches Ermittlungsverfahren gegen ihn eröffnen wollen.
Fillon gab sich ungehalten und empört, weil die Justiz sich bei ihrer Entscheidung ausschließlich auf den Bericht der polizeilichen Voruntersuchung stütze, die in einseitiger Weise gegen ihn geführt worden sei. Im Tempo, mit dem die drei ernannten Untersuchungsrichter vorgehen, will Fillon einen weiteren Beweis für ihre Voreingenommenheit erkennen. Von einer Unschuldsvermutung könne da keine Rede mehr sein. Er betrachte sich im Gegenteil als Opfer eines Komplotts und eines „politischen Mords“.
„Ich gebe nicht nach, ich ziehe meine Kandidatur nicht zurück“, beschied er auf die einzig offene Frage, die im Raume stand, „denn ungeachtet meiner Person geht es da um eine Herausforderung für die Demokratie“. Fillon berief sich darauf, dass er nicht allein von einer Partei, sondern bei Vorwahlen von vier Millionen Teilnehmenden nominiert worden sei. Er will deshalb am Sonntag auf einer Großkundgebung die Unterstützung seiner Anhänger demonstrieren.
FranÇois Fillon, Kandidat
Die Frage, wer der nächste Präsident Frankreichs sein werde, könne nicht von einer „einseitig geführten Prozedur“ der Justiz, sondern nur durch die allgemeine Volkswahl entschieden werden. Er gab sich überzeugt, dass er sogar gestärkt aus dieser Kraftprobe mit der Justiz hervorgehen werde. Seine Anhänger rief er zum „Widerstand“ auf. Sie sollen am Sonntag auf einer Großkundgebung ihre Unterstützung für den angeschlagenen Kandidaten bekunden.
Fillon war als großer Favorit der Präsidentschaftswahlen am 23. April und 7. Mai gestartet. In den letzten Umfragen liegt er aber klar hinter Marine Le Pen und Emmanuel Macron nur noch auf dem dritten Platz. Entscheidend hierfür waren die Enthüllungen der Wochenzeitung Le canard enchaîné über die Anstellung seiner Frau und zwei seiner Kinder als Assistenten. Deren Vergütung mit insgesamt 900.000 Euro aus öffentlichen Mitteln brachte ihn in Erklärungsnot. Drei Untersuchungsrichter ermitteln nun wegen Unterschlagung, Veruntreuung und Machtmissbrauch. Eine polizeiliche Voruntersuchung war zu dem Schluss gekommen, dass es keine materiellen Beweise dafür gebe, dass seine Gattin tatsächlich als seine Assistentin gearbeitet habe.
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