Das Ding, das kommt: Festgehaltene Improvisation
Freddie Keppard hätte ihnen zuvorkommen können. Schon 1915 wurde dem afroamerikanischen Jazzmusiker ein Plattenvertrag angeboten. Aber den hat er abgelehnt, 25 Dollar Honorar waren ihm zu wenig: „So viel gebe ich am Tag für Gin aus“, soll der Kornettist gesagt haben. Auch der Klarinettist Wilbur Sweatman und der Pianist Clarence Williams sollen bereits 1916 Jazzaufnahmen gemacht haben. Aber die sind verschollen.
Die erste Jazzplatte haben dann nachweislich fünf weiße Herren in Anzügen aufgenommen, am 26. Februar 1917: die Original Dixieland Jazz Band um Nick LaRocca mit dem „Livery Stable Blues“ und dem „Dixieland Jass Band One-Step“. Neun Tage später kam sie in den Handel und wurde prompt 2 Millionen Mal verkauft.
„For Dancing“ stand auf dem Etikett, auf dass jeder wisse, was man mit den als „wildeste Musik“ verschrienen Liedern überhaupt anfangen kann. Nick LaRocca stieg der Ruhm zu Kopf. Kurzerhand behauptete der Sohn italienischer Einwanderer, den Jazz erfunden zu haben. In die Mitte der Gesellschaft und sogar bis nach Europa gebracht hat er ihn jedenfalls.
Die Geburtsstunde des dokumentierten Jazz nimmt NDR Info dieses Jahr zum Anlass, die Geschichte, oder besser: Geschichten des Jazz noch einmal neu zu erzählen – als Spannungsfeld meist parallel verlaufender Entwicklungen. Los geht es diesen Samstag um 21 Uhr mit dem Spannungsfeld „weißer“ Dixieland und afroamerikanischer Hot Jazz – mit der Original Dixieland Jazz Band und Louis Armstrongs „Hot Fives & Sevens“. MATT
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