: Mit Getreide gegen Mohn und Koka
Interview Der Cauca ist eine arme, landwirtschaftlich geprägte Region im Südwesten Kolumbiens. Biogetreide soll den Bauern eine wirtschaftliche Perspektive jenseits von den Drogen geben
ist Agraringenieur. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er ein kleines Kaffee mit Bioquinoa-Produkten in Popayán. Hauptberuflich berät er für die Stiftung Prodesic Bauern bei ihrer Wahl der Auswahl der Anbaukulturen.
taz: Herr Burbano, das Andengetreide Quinoa wird in aller Welt angebaut. Warum sollten Kunden die kolumbianische Quinoa kaufen?
Ary Burbano: Unsere Quinoa ist nicht rot und bitter, sondern weiß und süßlich. Das ist etwas Neues, auf dem Weltmarkt noch weitgehend unbekannt und das kann uns den Marktzugang erleichtern. Dafür engagiere ich mich, denn die Bauern im Cauca brauchen Perspektiven und nicht alle können Biokaffee anbauen. Kolumbien brauchte alternative Bioprodukte mit attraktiven Preisen.
Warum ist das so wichtig?
Der Cauca ist eine relativ arme, landwirtschaftlich geprägte Region im Südwesten Kolumbiens. Hier hat es mehrere Dekaden lang massive Kämpfe zwischen Staat, Guerilla und Paramilitärs gegeben, und dabei ging es auch um die Kontrolle des Anbaus von Koka zur Kokainproduktion, aber auch von Marihuana und in geringerem Maße um Mohn. Hier brauchen wir Initiativen, um die Landkonzentration im Rahmen des Friedensvertrags mit der Farc zu regulieren, aber auch neue Anbauperspektiven für Kleinbauern.
Und diese Perspektiven bietet das Andengetreide Quinoa?
Ja. Quinoa hat das Potenzial, Mohn und Koka zu substituieren, und ich reise derzeit über die Dörfer, um Bauern vom Anbau zu überzeugen. Mit einem Hektar Quinoa lässt sich ein Mindestlohn erwirtschaften – das habe ich berechnet.
Der Mindestlohn beläuft sich auf 737.000 Peso, umgerechnet 240 Euro. Reicht das pro Hektar und Jahr?
Ja, denn Quinoa hat viele Vorteile. Unsere klimatischen Bedingungen lassen zwei Ernten im Jahr zu, zudem konkurriert Quinoa nicht mit Kaffee um die Anbauflächen, denn wir bauen es auf einer Höhe zwischen 2.000 und 3.000 Metern an und sind dabei den Anbau zertifizieren zu lassen. Das verschafft uns langfristige Perspektiven.
Wer ist wir? Nur die Stiftung Prodesic, für die Sie arbeiten, oder steht die Regionalregierung des Cauca hinter dem „Projecto Quinoa Cauca“?
Ja, das ist der Fall. Derzeit sind wir in 12 der 42 Gemeinden des Cauca aktiv und arbeiten mit 2.852 kleinen Produzenten, die zum Teil in Genossenschaften organisiert sind und das Getreide in kleinen Agrarzentren klassifizieren und verpacken.
Die Quinoa, die sie anbauen, ist originär aus Kolumbien?
Ja, der Ursprung dieser Quinoa-Sorte liegt im Verwaltungsbezirk Boyacá, im Zentrum des Landes. Seit 2001 wird das Getreide hier im Cauca angebaut, und da die Anbauvoraussetzungen sehr gut sind, hat die Regierung 2012 grünes Licht für ein Förderprogramm gegeben. Derzeit wird auf 1.600 Hektar Quinoa angebaut, die Produktion liegt bei rund 1.000 Tonnen.
Welches Potenzial hat Quinoa?
Ich denke, dass die Quinoa zum Motor der regionalen Entwicklung werden kann, weil das Getreide gesund ist und in Kolumbien genauso wie in den USA, Asien und Europa konsumiert wird. Wir wollen mit Quinoa-Produkten den Markt erobern, kleine Cafés mit Backprodukten auf Quinoa-Basis gründen, zertifizierte Bioquinoa nach Europa exportieren und sind dabei nach potenziellen Abnehmer zu suchen. Die Gepa aus Deutschland wäre so einer.
Wie können Bioquinoa und Biokaffee ein Zeichen gegen den Anbau von Koka und Marihuana setzen?
Die Bauern bauen Koka und Marihuana ja nicht an, weil sie kriminell sind, sondern weil sie mit Nahrungsmitteln kaum auf dem Markt bestehen können. Zum einen ist die Infrastruktur oft so schlecht, dass der Transport von Lebensmitteln zum nächsten Markt kaum möglich ist, zum anderen sind die Preise zu niedrig, um vom Verkauf traditioneller Produkte wie Mais, Bohnen, Kartoffeln und Gemüse leben zu können. Für die Bauern sind Koka und Marihuana ein Ausweg. Doch den bietet nun auch die Produktion von Bioquinoa.
Interview Knut Henkel
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