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Diplomatischer Zoff nach Mord

NORDKOREA Nach der Ermordung des im Exil lebenden Halbbruders von Nordkoreas Machthaber in Kuala Lumpur streiten Malaysia und Nordkorea über die Ermittlungen

Nordkoreas Botschafter fährt am Montag bei Malaysias Außenministerium in Putrajaya vor Foto: ap/dpa

Aus Seoul Fabian Kretschmer

Noch bevor am Mittwoch der erste Autopsiebericht der malaysischen Behörden erwartet wird, hat sich die Ermordung Kim Jong Nams vergangene Woche in Malaysia zum diplomatischen Streit mit verhärteten Fronten entwickelt. Südkoreas Verteidigungsminister Hong Yong Pyo sagte am Montag im Seoul, dass Nordkorea „höchstwahrscheinlich hinter dem Anschlag“ stecke. Konkrete Beweise lieferte er jedoch nicht, ein mögliches Tatmotiv wollte er nicht kommentieren. Doch sei Kim Jong Nams Tod ein Beleg für Pjöngjangs „terroristische Schreckensherrschaft“.

Der nordkoreanische Botschafter in Malaysia hingegen hat der örtlichen Polizei in Kulua Lumpur vorgeworfen, sie würde mit „feindlichen Kräften“ konspirieren. Zudem handle es sich bei dem toten Mann nicht um Kim Jong Nam, den Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Die noch laufende Autopsie lehne Pjöngjang kategorisch ab.

Malaysia wertete die Schuldzuweisungen als „Versuch, den Ruf des Landes zu trüben“, bestellte Nordkoreas Botschafter ein und zog seinerseits seinen Botschafter aus Pjöngjang ab. Ein japanischer Fernsehsender veröffentlichte unterdessen Videoaufnahmen von Sicherheitskameras vom Tatort: Sie zeigen einen Mann mit Glatze nahe einem Check-in-Schalter am Flughafen Kulua Lumpur. Von hinten nähert sich plötzlich eine Frau, die den Mann umklammert und ihm etwas ins Gesicht hält. Dann flieht sie in ein Taxi.

Der Mann taumelt, bittet Passanten um Hilfe und kollabiert. Zwei tatverdächtige Frauen wurden von Malaysias Polizei bereits verhaftet. Sie tragen – eventuell gefälschte – Reisepässe aus Vietnam und Indonesien und gaben an, Opfer eines Fernsehstreichs à la „Versteckte Kamera“ gewesen zu sein. Nach vier weiteren Männern wird gefahndet. Sie sollen von Jakarta nach Dubai – und möglicherweise weiter nach Pjöngjang geflogen sein.

Zweifellos ist Nordkoreas Regime eine Beteiligung an dem Anschlag zuzutrauen. In den vergangenen Jahrzehnten gab es Dutzende ähnlich gelagerte Fälle. Doch bleiben jetzt viele Fragen offen. Schon der Tatzeitpunkt war ungünstig, vor allem im Hinblick auf Südkorea: Das steckt derzeit in der schwersten innenpolitischen Krise seit Jahrzehnten. Die politische Linke – bekannt für ihre milde Nordkorea-Politik – ist auf dem besten Weg, den nächsten Staatspräsidenten zu stellen. Schlagzeilen, die alte Feindbilder heraufbeschwören, spülen nur den konservativen Hardlinern Wählerstimmen zu.

Südkorea sieht den Norden hinter dem Mord, präsentiert aber keine Beweise

Auch gibt es mindestens eine Handvoll ähnlich plausibler Theorien. Kim Jong Nam soll sich an seinem Hauptwohnsitz Macau mit dubiosen Geschäftsmännern herumgetrieben haben. Er ist zudem berüchtigt für seine unzähligen Affären und hatte laut Medienberichten zuletzt Spielschulden gehabt. Die Liste möglicher Tatverdächtiger ist lang. Zudem sind sich viele Experten uneinig in der Frage, wieweit der 45-Jährige überhaupt eine Gefahr für Pjöngjang darstellte. Denn es handelte es sich nicht um einen Menschenrechtsaktivisten, sondern um einen in Ungnade gefallenen Playboy.

„Allein Kim Jong Nams bloße Existenz war hochgefährlich für seinen herrschenden Halbbruder“, meint jedoch Park Sang Hak: „Ich bin 100 Prozent sicher, dass Kim Jong Un direkt hinter dem Anschlag steckt.“ Der gebürtige Nordkoreaner arbeitete einst für das Propagandaministerium in Pjöngjang. Sein Vater war ein hochrangiger Spion. Nach seiner Flucht ins Exil kämpft Park inzwischen erbittert für einen Regimewechsel im Norden.

„Kim Jong Nam ist der Erstgeborene, er hat in der konfuzianischen Erbmonarchie allein durch seine Blutlinie die Legitimation auf den Thron“, sagt Park. Viele Nordkoreaner wüssten überhaupt nicht, dass Kim Jong Un weitere Geschwister hat. Vor knapp sechs Jahren entkam Park Sang Hak selbst nur knapp einem Anschlag. Ein nordkoreanischer Flüchtling hatte ein Treffen mit ihm vereinbart – tagsüber, an einer viel befahrenen Kreuzung. Doch auf halbem Weg erhielt er einen Anruf von Südkoreas Geheimdienst: Sein potenzieller Attentäter wurde verhaftet. Er trug eine tödliche Giftspritze bei sich, getarnt als Kugelschreiber. Seitdem begleiten den Dissidenten rund um die Uhr zwei Zivilpolizisten.

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