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Aus dem Ei schlüpfen

RUGBY Ein Aufschwung im deutschen Rugby-Sport zeichnet sich ab. Das belegt nicht nur derüberraschende Sieg im EM-Spiel gegen Rumänien, sondern auch die Professionalisierung des Umfelds

von Tobias Schächter

Rugby in Deutschland, ist das ein schlafender Riese? Klaus Blank schmunzelt, aber dem Mann ist es ernst. Im Ausland sehe man das so, sagt der Präsident des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV). Erst Anfang dieser Woche erreichte ihn eine Anfrage aus England, die Londoner Times verabredete sich zum Gespräch. Der überraschende 41:38-Sieg des deutschen 15er-Nationalteams am Wochenende gegen WM-Teilnehmer Rumänien zum Start der EM sorgte international für Aufsehen. Auch ihn habe dieser Erfolg überrascht, gibt Blank zu.

Der 55 Jahre alte Heidelberger steht einer Sportart vor, die in Deutschland klein ist. Aber über eine erfolgreiche Europameisterschaft und folgende Ausscheidungsspiele soll die 15er-Mannschaft 2019 in Japan erstmals an einer WM teilnehmen. Dass dieses Ziel ambitioniert ist, gibt Blank gerne zu. Am Sonntag in Georgien steht beim amtierenden Europameister die nächste große Hürde im Weg.

Die EM, bei der die Deutschen mindestens drei der Konkurrenten Georgien, Rumänien, Belgien, Spanien und Russland hinter sich lassen müssen, um sich den Traum von der WM-Teilnahme zu bewahren, findet parallel zum Six Nations statt, dem Turnier der sechs großen europäischen Rugby-Nationen England, Frankreich, Irland, Schottland, Wales und Italien. In diesen Ländern ist Rugby Volkssport, der seit Anfang der 1990er Jahre professionell betrieben wird. In Frankreichs erster Liga, der Top 14, tummeln sich die besten Spieler des Planeten, ein Superstar wie der Neuseeländer Dan Carter verdient 1,5 Millionen Euro im Jahr. In Deutschlands Bundesliga mit zwei Achter­staffeln mühen sich Amateure mit dem Rugby-Ei. Die Franzosen gewannen vergangenen Sonntag ihr erstes Six-Nations-Heimspiel im Stade de France gegen Schottland vor 80.000 Zuschauern.

Den Triumph der Deutschen gegen Rumänien verfolgten parallel in Offenbach 2.500 Menschen. Rugby in Deutschland will raus aus der Nische, und die spannende Frage ist, ob dies im Fußballland Deutschland gelingen kann. Blank nennt Biathlon als ein Vorbild; diese Sportart sei durch geschicktes Marketing zum TV-Sport geworden.

Einen kleinen Schub bekam das deutsche Rugby durch die Übertragung von Spielen der WM 2015 in England im deutschen Free-TV. „Seither können die Leute etwas mit Rugby anfangen“, merkt Blank, der in der Umweltabteilung der Heidelberger Druckmaschinen AG arbeitet. Die Strukturen werden dank der Unterstützung des Unternehmers Hans-Peter Wild auch immer professioneller. In den 70er Jahren warb Muhammad Ali für Wilds Produkt Capri Sonne, nun will der Heidelberger dem Rugby-Sport zu mehr Popularität verhelfen. 2007 gründete der Milliardär die Wild Rugby Academy (WRA), seit 2014 widmet diese sich zuvörderst den 15er- und 7er-Nationalmannschaften. Für rund 2,5 Millionen Euro baute Wild in Heidelbergs Süden ein modernes Rugbyfeld und einen Kunst­rasenplatz mit Überdachung. Es gibt Pläne für den Bau eines großen Leistungszentrums. 25 Festangestellte kümmern sich um das Vorankommen der Nationalteams, rund 1 Million Euro fließen pro Jahr.

Im Verband hingegen arbeiten nur vier Festangestellte, das Gesamtbudget beläuft sich auf 1,2 Millionen Euro. Die Nationalmannschaft als Marke zu etablieren und die Bundesliga attraktiver zu machen sind große Aufgaben. Eine noch größere ist es, den Nachwuchs für den Sport zu begeistern. Der DRV hat derzeit 15.000 Mitglieder. Außerdem treten über 10.000 Kinder in Schulen und durch das vom Weltverband aufgelegte Programm „Get into Rugby“ erstmals mit dem Sport in Kontakt.

Der Begriff vom schlafenden Riesen fällt in Bezug auf Deutschland international tatsächlich immer öfter, dabei ist wohl vor allem der TV-und Sponsorenmarkt gemeint. Die EM-Spiele des Nationalteams werden zwar von Sport1 übertragen, der Sender bekommt dafür aber Geld vom DRV. Große deutsche Unternehmen investieren derzeit nur in die großen Marken dieses Sports, Adidas zum Beispiel als Trikotausrüster der All Blacks, BMW ist als Sponsor der australischen und der französischen Länderauswahl aktiv.

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