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Werder ist Sozial-Meister

Engagement Der Autor Ronny Blaschke hat das Stiftungswesen im Profi-Fußball unter die Lupe genommen.Er bescheinigt Werder Bremen Vorbildcharakter. Der Club blende die dunklen Seiten des Geschäfts nicht aus

Spricht bei Werder die unbequemen Wahrheiten aus: Robert Bauer Foto: Carmen Jaspersen/dpa

von Ralf Lorenzen

Zwei Tage vor dem Absturz auf den Relegationsplatz in der Fußball-Bundesliga wurde Werder Bremen in einer anderen Disziplin ein inoffizieller Meistertitel überreicht: Im Ostkurvensaal des Weserstadions stellte der Sportjournalist Ronny Blaschke sein neuestes Buch „Gesellschaftsspielchen – Fußball zwischen Hilfsbereitschaft und Heuchelei“ vor – und verortete die Grünweißen eindeutig auf der ersten Hälfte des Untertitels. „Werder hat gezeigt, wie man es machen muss“, sagte er – und meinte damit die Corporate Social Responsibilty (CSR)-Abteilung des Klubs, die die sozialen Aktivitäten des Klubs steuert.

Das hörte besonders einer gern, der maßgeblich zu diesem „Alleinstellungsmerkmal“ des Klubs beigetragen hat: Ex-Präsident Klaus-Dieter Fischer war es, der schon 2002 zu Champions-League-Zeiten erkannt hatte, „dass wir den uns verbundenen Fans und Institutionen etwas zurückgeben müssen“. Als zusätzlichen Gründungsimpuls nannte Fischer gegenüber der taz seinen Ärger darüber, dass Bremen nicht zum Spielort der WM 2006 auserkoren worden war.

Zur Begründung des Lobes für das soziale Engagement des Klubs fielen bei Blaschke, der in seinem Buch das unübersichtliche Geflecht aus Stiftungen und Sozialmarketing, das sich um den Fußball herum gebildet hat, unter die Lupe nimmt, vor allem zwei Begriffe: „Verortung in der Stadtgesellschaft“ und „Nachhaltigkeit“. Bei Werder kümmern sich in der CSR-Abteilung zehn Mitarbeiter um die Projekte mit Kindern, Behinderten, Älteren Menschen, Geflüchteten und anderen Zielgruppen, die eng mit den Aktivitäten von Schulen und anderen Vereinen verzahnt sind. „Was ich hier in Bremen gefunden habe, ist die Idee, den Fußball zu benutzen, um etwas zu bewegen, um anderen die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen“, sagte Michael Arends, der im Werder-CSR für Inklusion zuständig ist, in der anschließenden Diskussion.

In der ging es unter anderem um die Frage, ob das soziale Engagement, für das Werder im Jahr ein Prozent seines Umsatzes von etwa 100 Millionen Euro ausgibt, nicht ein Feigenblatt für das zunehmend kommerziell ausgerichtete Fußballgeschäft sei. Schließlich hatte Blaschke selbst, als eine Art Präambel, seinen Ausführungen den Satz vorausgestellt: „Es geht nicht nur darum, dass Klubs einen Teil ihrer Gewinne an wohltätige Projekte weitergeben. Es geht darum, wie sie diese Gewinne überhaupt erwirtschaften.“ Und in dieser Disziplin steht und stand Werder mit Trikotsponsoren wie Wiesenhof oder Kik eher am unteren Ende der Ethik-Skala. Ganz abgesehen davon, dass sich auch Werder ein Trikot für 70 Euro bezahlen lässt, für das die Näherin nur ein paar Cent erhält, und dass der Strom der eigenen Fotovoltaik-Anlage Strom zum Großteil für die Rasenbeleuchtung draufgeht.

„Es geht darum, wie die Vereine ihre Gewinne überhaupt erwirtschaften“

„Ich habe gemerkt, dass sie bei Werder Wiesenhof und auch die Fotovoltaik-Anlage reflektiert haben“, sagt Blaschke. Im Nachhaltigkeitsbericht habe auch Vorstandschef Klaus Filbry zugegeben, dass man keine Garantie dafür übernehmen könne, wie Nike produzieren lasse oder wie Wiesenhof seine Strukturen organisiere. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die CSR-Abteilung mit dem Marketing über diese Fragen diskutiert“, sagt Blaschke.

Auch bei Werder sind die Machtverhältnisse zwischen Marketing und Sozialarbeit nicht ausgehebelt. Aber immerhin gibt es hier unterschiedliche Strömungen, die durch die strukturelle Unabhängigkeit der CSR-Abteilung mit eigener Direktion abgesichert ist. Andernorts ist das Sozialmanagement vielfach dem Marketing unterstellt oder gar nicht in den Management-Strukturen verankert und dem Gutdünken der Vereins­oberen ausgeliefert.

„Das CSR muss unabhängig sein“, bekräftigt auch Werders CSR-Gründer Klaus-Dieter Fischer. Und hofft, dass es nach seinem Rückzug bei Werder auch so weitergeführt wird. „Auch in der 2. Liga?“, wird er gefragt. „Ja“, antwortet er entschlossen. „Aber wir steigen nicht ab.“

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