Senat empfängt Retter

MITTELMEER Mit der von Bremerhaven 2016 gestarteten „Aquarius“ hat SOS Méditerranée 7.844 Menschen gerettet, 700 seit Anfang des Jahres

Mitte Januar spürten die Helfer ein mit 193 Menschen besetztes Schlauchboot auf. Zwei davon, Jugendliche, konnten nur tot geborgen werden

Die private Hilfsorganisation SOS Méditerranée hat nach Angaben des Senats mit ihrem Schiff „Aquarius“ bisher 7.844 Flüchtlinge vor dem Ertrinken im zentralen Mittelmeer gerettet. Mehr als 12.000 Menschen seien an Bord versorgt worden, teilte der Senat am Montag mit.

Die „Aquarius“ war im Februar vergangenen Jahres von Bremerhaven aus zu ihrer Rettungsmission in Richtung der italienischen Insel Lampedusa gestartet. Ein Jahr später sollen an diesem Mittwoch die Organisation und die Schiffscrew für ihren Einsatz mit einem Senatsempfang in Bremen geehrt werden.

Mehr als 4.000 Menschen seien von anderen Schiffen an Bord genommen und versorgt worden, hieß es. Drei Kinder sind auf der „Aquarius“ zur Welt gekommen. Die Mehrheit der Geflüchteten kommt aus Afrika südlich der Sahara und flieht vor Armut, struktureller Gewalt und Verfolgung. In zunehmendem Maße wagen auch Minderjährige den gefährlichen Weg über das Mittelmeer, oftmals alleine.

Gemeinsam mit Medizinern von „Ärzte ohne Grenzen“ kreuzt das 77 Meter lange Schiff im Seegebiet zwischen Libyen und Italien. Die Crew des ehemaligen Cuxhavener Fischerei-Schutzbootes besteht aus einer zehnköpfigen nautisch-technischen Besatzung.

Hinzu kommen weitere zwölf Experten, die zum Such- und Rettungsteam sowie zum medizinischen Personal gehören. Der Einsatz kostet eigenen Angaben zufolge täglich rund 11.000 Euro und wird durch Spenden finanziert. In Bremen ist deshalb nach dem Senatsempfang auch ein Benefiz-Essen geplant.

SOS Méditerranée setzt sich dafür ein, im Mittelmeer ein umfassendes Seenotrettungsprogramm für Flüchtlinge sowie sichere und legale Fluchtwege einzurichten. Gegründet worden war der Verein auf Initiative des Handelskapitäns und Historikers Klaus Vogel, nachdem Ende 2014 Italien seine staatliche Rettungsaktion Mare Nostrum eingestellt hatte: Grund dafür war, dass die EU-Staaten sich weigerten, sie gemeinschaftlich zu finanzieren.

Die Charta der Organisation, die außer in Deutschland auch in Frankreich und Italien MitstreiterInnen wirbt, ruft „angesichts der fortdauernden Fälle von Schiffsunglücken von Flüchtlingen und Migranten, die versuchen, das Mittelmeer zu überqueren, um Europa zu erreichen“, die BürgerInnen, „die davon überzeugt sind, dass die Menschenrechte für alle gelten“, dazu auf, sich zu einer „breiten Bewegung zur Schaffung einer Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger im Mittelmeer“ zusammenzuschließen.

Immer wieder würden Menschen von Libyen aus in völlig überfüllten, nicht seetauglichen Booten auf die Reise nach Europa geschickt, erläuterte Geschäftsführer Timon Marszalek. So hatten Mitte Januar die Helfer ein mit 193 Menschen besetztes Schlauchboot aufgespürt. Zwei der Insassen, Jugendliche, konnten nur tot geborgen werden. Andere Boote können gar nicht geortet werden. So hatte man in der Nacht zum 12. Januar eine Suche aufgrund eines Notrufs ergebnislos abbrechen müssen. Das Schiff, vermutlich mit etwa 120 Menschen besetzt, ist verschollen.

„Keines dieser seeuntauglichen Boote schafft es ohne Hilfe nach Italien“, so Marszalek. Die Menschen würden gerettet oder sie ertränken. SOS Méditerranée und die spanische Organisation „Proactiva Open Arms“ seien dort in diesem Winter die einzigen zivilen Rettungsschiffe. Der Bedarf sei weitaus größer, hieß es. Allein seit Beginn des Jahres hat die „Aquarius! 700 Menschen in nur fünf Einsätzen geborgen. (epd/taz)