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Raser ist wohl kein Mörder

Motorrad-Unfall

Er war so rücksichtslos unterwegs, dass die Staatsanwaltschaft verschiedene Mordmerkmale erfüllt sah: Im Juni hatte der Motorradfahrer Alpi T. den 75-jährigen Arno S. totgefahren – innerorts. Am Dienstag halten Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Schlussplädoyers vor dem Bremer Landgericht, eventuell kommt es sogar schon zum Urteil.

Die Mordanklage hatte die Staatsanwaltschaft erhoben, weil der 24-jährige T. seine halsbrecherischen Fahrten im Internet hochgeladen und damit Geld verdient hatte. Außerdem soll er zum Tatzeitpunkt mit über 100 km/h von einem anderen Unfallort geflüchtet sein – bedingter Vorsatz und Verdeckung einer Straftat aus Sicht der Staatsanwaltschaft.

Der Prozess hat jedoch eine Wendung genommen: Ein Verkehrsgutachter bestätigte zwar, dass T. 93 bis 108 km/h fuhr und trotz Vollbremsung bei der Kollision noch 63 Sachen drauf hatte, er bezweifelte jedoch, dass T. einen Grund zur Fahrerflucht hatte. Ein Zeuge hatte ihn in Polizeiaussagen belastet, vor dem Unfall sein Auto beschädigt zu haben und dann geflohen zu sein. Vor Gericht verwickelte der Zeuge sich jedoch in Widersprüche. Fotos vom Unfalltag beweisen aus Sicht des Gutachters: „Alles Altschäden“. „Ein Versicherungsbetrug“, sagt die Verteidigung.

Bleibt der subjektiv bedingte Vorsatz zum Mord: Laut Anklage fuhr Alpi T. unter bewusster Inkaufnahme der Tötung seiner Mitmenschen. Insbesondere eines seiner Videos hatte ihn belastet, weil er in diesem fast einen Fußgänger überfuhr und ihn danach mit „Hurensohn“ und „Ich hätte ihn in seine Einzelteile zerlegt“ beschimpfte.

Vor Gericht präsentierte sich der Motorradfahrer als anderer Mensch: Er zeigte Reue und beantwortete alle Fragen. Ein psychologischer Gutachter bestätigte die Authentizität seines Auftretens. T. sei kein Adrenalin-Junkie, habe keine Auffälligkeiten oder Verhaltensstörungen. Emotional sei er durchaus empathisch. Dass er in Überschätzung seiner Fähigkeiten annahm, dass „alles gut gehen werde“, scheint glaubhaft. Die Mordanklage lässt sich deshalb wohl nicht halten. Bliebe eine fahrlässige Tötung. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft. gjo

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