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Editorial zum Start der taz.gazeteDer tägliche Kampf um die Freiheit

Unzählige Kolleg*innen riskieren Tag für Tag ihr Leben, um an Fakten zu kommen

Liebe Leser*innen,

die aktuellen Entwicklungen in der Türkei sind schnell, besorgniserregend, folgenreich, widersprüchlich, verwirrend, dramatisch, aufwühlend, traurig, ärgerlich, unübersichtlich … Vor allem aber sind sie eins: wichtig. Für uns, das taz.gazete-Team, genauso wie für Sie, liebe Leser*innen. Das zeigten Ihre zahlreichen Zuschriften, als unser Projekt bekannt gegeben wurde. Wir erhielten Danksagungen und Kritiken, Themenvorschläge und Vorwürfe, noch bevor wir online gegangen sind.

Heute ist es so weit. Von nun an werden Sie, dank der Förderung durch die taz Panter Stiftung, auf www.gazete.taz.de täglich Berichte zum aktuellen Geschehen in der Türkei finden. Interviews, Reportagen, Meinungsstücke, Satire von Journalist*innen, die aus der Türkei berichten, sowie von Journalist*innen, die sich an anderen Orten der Welt mit den Auswirkungen der aktuellen Zustände in der Türkei auf die türkischsprachige Diaspora auseinandersetzen. Die taz.gazete-Texte werden nicht nur online erscheinen, sondern auch regelmäßig in der taz und der taz.am wochenende zu lesen sein.

Dass wir am 19. Januar 2017 mit taz.gazete online gehen, ist kein Zufall. Heute jährt sich zum zehnten Mal der Todestag von Hrant Dink – einem mutigen Journalisten, der wegen seiner Aussagen auf offener Straße in Istanbul erschossen wurde. Hrant Dink kämpfte um eine öffentliche Aufarbeitung des Genozids an den Armeniern – und er kämpfte für freie Meinungsäußerung. Das wurde ihm am 19. Januar 2007 zum Verhängnis.

Zehn Jahre später steht es leider immer noch denkbar schlecht um die freie Presse in der Türkei. Fast 150 Jour­na­list*innen sitzen derzeit in Haft, kritische Medien stehen unter enormem Druck oder werden direkt ausgeschaltet. Die Meinungshoheit im Land haben die sogenannten Poolmedien, die der Regierung von Präsident Erdoğan nahestehen und auf Regierungslinie berichten.

Es ist aber nicht so, dass es in der Türkei keine oppositionelle Presse mehr gäbe – mit dieser Behauptung beginge man großes Unrecht an unzähligen Kol­leg*innen, die Tag für Tag ihre Freiheit und ihr Leben riskieren, um zu recherchieren, an Fakten zu kommen, mit Zeugen zu sprechen – ob im Westen oder im Osten des Landes.

Es ist uns ein wichtiges Anliegen, diese Stimmen zu stärken, die es inzwischen so schwer haben, sich Gehör zu verschaffen. Und es ist uns wichtig, vom täglichen Kampf der Minderheiten zu berichten, vom feministischen Widerstand, von der Situation der LGBTIQ*-Bürger*innen und von der zunehmenden Entmachtung der demokratisch gewählten, prokurdischen Abgeordneten und Bürgermeister*innen.

taz.gazete wird keine Nachrichten in Echtzeit liefern. Wir werden keinen News­ticker haben, der bedeutende Ereignisse in wenigen Worten schnell zusammenfasst. Wir wollen gründliche Geschichten und ausgeruhte Analysen bringen, die einen Überblick bieten – in einer Zeit, in der dieser immer schwieriger zu behalten ist.

taz.gazete ist auch ein solidarisches Projekt, das sich für die Meinungsvielfalt und die Pressefreiheit ausspricht. Wir solidarisieren uns mit unseren Kol­leg*innen in der Türkei und laden sie dazu ein, auf unserer Plattform ihre Beobachtungen zu teilen, ihre Recherchen zu publizieren – aber auch von ihren Arbeitsbedingungen zu berichten.

Denn es ist wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, welchen Preis Journalist*innen überall auf der Welt zahlen, um uns täglich mit Nachrichten und Geschichten zu versorgen. In der Türkei ist er in diesen Tagen eindeutig zu hoch. Fatma Aydemir, Ali Çelikkan, Ebru Tasdemir, Canset Içpınarund Elisabeth Kimmerle

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